Prozess um Nachhilfeschulen Betrug wegen nachlässiger Kontrollen?

Wuppertal · Er habe lasche Kontrollen ausgenutzt und praktisch einfach Rechnungen ans Jobcenter geschrieben. Vor dem Landgericht hat ein 24 Jahre alter Betreiber einer Nachhilfeschule serienweisen Betrug gestanden.

 Symbolfoto.

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Foto: Asio otus / Wikipedia

Der Mann aus der Elberfelder Südstadt bestätigte: Die Behörde zahlte Nachhilfestunden für Schüler, auch wenn diese zu Hause geblieben waren. "Am Anfang ging es ums Geld. Aber dann war mir wichtig, dass ich was aufbauen konnte", erläuterte der frühere Hauptschüler ohne Schulabschluss.

Im Prozess beziffert die Staatsanwaltschaft den Schaden mit mindestens 153.000 Euro. 118 Fälle sollen nachweisbar sein: Schüler beantragten beim Jobcenter Nachhilfe, wenn sie als Berechtigte Hartz IV bezogen. Das Geld ging direkt an die Nachhilfefirma. Der 24-Jährige hat zugegeben, seinen Kunden Prämien gezahlt zu haben - in einem Vertriebssystem ähnlich der Handybranche. Er habe Komplizen genutzt und sich Einzelheiten von anderen Firmen abgeguckt.

Die Masse des Schadens soll in Wuppertal angefallen sein. Eine Filiale in Solingen brachte weniger ein, weil das Jobcenter dort genauere Nachweise forderte, sagte der Angeklagte: "Da musste ich Schülernamen, Lehrer, Fach und Unterrichtsinhalte auflisten." In Wuppertal habe eine Rechnung gereicht, mit Stundenzahl und Gesamtpreis. Anfangs hätten die Eltern unterschreiben müssen, dass ihr Kind in den Stunden war. Später sei das weggefallen. Diesen Punkt habe das Jobcenter 2014 geändert.

Zeitgleich soll das Geschäft des Angeklagten sprunghaft gewachsen sein. Dem Geständnis zufolge hatte der 24-Jährige ursprünglich vor, tatsächlich Unterricht zu vermitteln. Er habe aber die Übersicht verloren. Ende 2016 soll Prüfern erstmals aufgefallen sein, dass der 24-Jährige viel zu wenig Lehrer beschäftigte.

Fahnder nahmen den Mann im März 2017 fest. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Die Polizei ermittelt weiter gegen eine Vielzahl von Beschuldigten. Im Saal verfolgt mit Angehörigen und Freunden die Frau des 24-Jährigen die Verhandlung. Sie erwartet in wenigen Wochen sein Kind.

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