Leser Problem trifft die ganze Stadt

Betr.: Primark, die Bahn und der Döppersberg

Warum sich die Primark-Eröffnung verzögert, weiß man nur auf der grünen Insel Irland, der Heimat von Primark. Leider scheint das Oberbürgermeister Andreas Mucke nicht zu stören, denn nach seiner Ansicht ist es das Problem von Primark, wann diese eröffnen. Das, lieber Herr Mucke, ist es allerdings nicht. Es ist ein Problem, dass die ganze Stadt trifft. Ob man Primark mag oder nicht, ob man deren Sortiment oder Politik trägt oder verurteilt, ist zunächst nicht relevant. Tatsache ist, dass Primark in City-Lagen ein erheblicher Frequenzbringer ist. Nur geschieht das in Wuppertal nicht. Die Primark-Kunden fahren weiterhin nach Düsseldorf, Essen oder Dortmund und sorgen dort für Umsätze. Zudem schafft die längst überfällige Eröffnung Unsicherheiten bei Investoren.

Eröffnung Primark in einer 1A-Lage, zur Zeit nicht genau bekannt. Die Eröffnung FOC mit 10.000, 20.000 oder 30.000 Quadratmetern Verkaufsfläche — nicht absehbar. In ein, zwei, fünf Jahren oder überhaupt? Die FOC-Baustelle löst Unsicherheiten aus. Unter dem Gesichtspunkt der Stadtentwicklung kann das niemandem egal sein.

Bleibt die Bahn und ihr Wuppertaler Hauptbahnhof. Die Deutsche Bahn braucht längst keine Bahnhöfe mehr im klassischen Sinne. Moderne Bahnsteige mit Aufzügen und Rolltreppen, unstrittig ja. Aber große Bahnhofsgebäude braucht die Bahn für ihre eigenen Zwecke längst nicht mehr. Über 60 Prozent der Fahrkarten kaufen die Bahnkunden bereits im Internet. Eine Auskunft — auch die braucht man nicht mehr. Moderne Hauptbahnhöfe sind heute Gastronomie- und Einzelhandels-Center.

Erst vor wenigen Jahren wurde der Hauptbahnhof in Essen so umgebaut. Die Bahn betreibt darin weniger als zehn Prozent der Fläche, fungiert aber als Vermieter für zahlreiche Geschäfte und Gastro-Betriebe. Genau so wie der umgebaute und 2017 neu eröffnete Hauptbahnhof in Münster. Aktuell wird der Hauptbahnhof in Dortmund ähnlich verändert.

Bleibt die Frage, warum die Bahn nicht in Wuppertal ähnlich agiert hat ? Die Stadt hat für die Ansiedlung von Einzelhandel weitestgehend auf andere Partner gesetzt. Damit ist der Hauptbahnhof in Wuppertal für die Bahn uninteressant geworden und darum möchte die Bahn ihn möglichst schnell loswerden. Der kostet nämlich nur Geld und generiert nahezu keine Erlöse.

Wer jemals daran geglaubt hat, die Bahn würde diesen historischen Hauptbahnhof (mit rund 40.000 Fahrgästen täglich) wunderschön wieder restaurieren, ist relativ ahnungslos. Für die Bahn ist das Gebäude ein Klotz am Bein. Gäbe es nicht den Denkmalschutz, wäre die Lösung naheliegend: Abriss.

Hans Schneider

(Rundschau Verlagsgesellschaft)
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