Stimmen zum Konjunkturpaket „Wieder mehr Luft zum Atmen“

Wuppertal / Berlin · Wie kommt das von der Bundesregierung beschlossene Konjunkturpaket vor Ort an? Hier einige Stimmen aus dem politischen Wuppertal.

 Bürgermeister Marc Schulz.

Bürgermeister Marc Schulz.

Foto: Wuppertaler Rundschau/Max Höllwarth

Jürgen Hardt (CDU-Bundestagsabgeordneter): „Das gestern beschlossene zweite Maßnahmenpaket der Koalition zur Bewältigung der Corona-Krise ist vor allem ein Zukunftspaket. Die Förderung setzt Schwerpunkte dort, wo Deutschland zukunftsfähiger werden muss: Beim Klimaschutz, bei der Digitalisierung, bei neuen Technologien und bei der Stärkung der Familien. Auch aus kommunaler Sicht ein großer Wurf. Der Unions-Vorschlag für eine dauerhafte Erhöhung des Anteils des Bundes an den "Kosten der Unterkunft" von jetzt 50 Prozent auf zukünftig 75 Prozent wurde Eins zu Eins umgesetzt. Ebenso die vollständige Kompensation der krisenbedingten Gewerbesteuerausfälle bei den Kommunen durch Bund und Länder. Eine Fülle weiterer Punkte werden vor Ort konkret helfen, die Folgen der Krise zu stemmen und gleichzeitig im Blick auf die Zukunft in der kommunalen Familie dauerhaft besser zu werden: So wird der Ausbau der Ganztagsbetreuung beschleunigt, kommunale Verkehrsunternehmen erhalten Hilfen, Soziale Dienstleister werden unterstützt, die Bundesförderung für Sportstätten wird deutlich erhöht, es gibt Hilfen für den unter Trockenheit leidenden Wald. Ich werde mich umgehend dafür einsetzen, dass das Freibad Eschbachtal in Remscheid nun vielleicht doch gefördert werden kann. Gleichzeitig setzt das Programm Investitions- und Konsumanreize. Ich bin erleichtert, dass es nicht zu einer einseitigen Autokaufprämie kommt, sondern zu einer spürbaren Absenkung der Mehrwertsteuer in der zweiten Hälfte des Jahres. Das entlastet alle Bürgerinnen und Bürger. Ab Januar 2021 greift ja dann die Abschaffung des Soli für 90 Prozent aller Steuerzahler und die Erhöhung des Kindergeldes, so dass sich dann der Konjunkturimpuls fortsetzt.“

Helge Lindh (SPD-Bundestagsabgeordneter): „Die Corona-Krise braucht Handeln statt Ideologie. Dabei gehört die Lebenslage der Menschen in den Mittelpunkt, nicht partikulare Lobby-Interessen. Das Konjunkturpaket ist ein wichtiger Schritt, um die mittel- und langfristigen wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie einzudämmen. Die Politik ist lernfähig: Reine Sparpakete und Bankenrettungsprogramme sind Auslaufmodelle. Neben den Mehrwertsteuersenkungen, die vor allem auch Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen entlasten, freue ich mich gerade über den einmaligen Kinderbonus von 300 Euro, den jede Familie erhält. Dies ist eine besondere Wertschätzung für all diejenigen, die sich während den Kita- und Schulschließungen im Homeoffice als Ersatzlehrer beweisen mussten. Dass sich die SPD darüber hinaus auch mit ihrer Forderung, Kaufprämien für Autos mit Verbrennungsmotoren nicht in das Konjunkturprogramm aufzunehmen, durchgesetzt hat, ist eine starke Geste. Reine Verbrennungsmotoren sollten nicht unterstützt werden. Das haben wir erreicht. Stattdessen wird nun der ÖPNV und klimafreundliche Mobilität gefördert. Die Unterstützung von Gemeinden und Kommunen betrachte ich hingegen mit gemischten Gefühlen. Einerseits sind viele notwendigen Schritte im Paket erhalten. Es ist eine wichtige Entlastung, dass die Miet- und Heizkosten für Sozialempfänger nun größtenteils nicht mehr von der Stadt, sondern vom Bund getragen werden. Für Wuppertal bedeutet die Übernahme von knapp 75 Prozent dieser Kosten eine jährliche Mehreinnahme von knapp 30 Millionen Euro. Auch der Ausgleich von Gewerbesteuerausfällen ist zwingend erforderlich und leistet vor Ort erste Hilfe. Andererseits wurde eine große Chance vertan, vom Strukturwandel betroffene Kommunen von ihren belastenden Altschulden zu befreien. Der Vorschlag von Olaf Scholz war richtig und wichtig. Er hätte den finanziellen Spielraum von zahlreichen gebeutelten Kommunen für Investitionen deutlich und spürbar erweitert. Ich finde es bedauerlich, dass aufgrund der Ablehnung durch die CDU der Vorschlag eines Altschuldenfonds nicht aufgenommen wurde. Das Thema ist und bleibt weiterhin akut. Ich erwarte, dass sich die CDU auf Bundesebene wie auch die betroffenen Abgeordneten im Bundestag und der NRW-Ministerpräsident endlich bewegen und die Blockade beenden. Starke, handlungsfähige Kommunen sind ein Grundpfeiler für eine funktionierende Gesellschaft.“

Dietmar Bell, Andreas Bialas und Josef Neumann (SPD-Landtagsabgeordnete): „Wir freuen uns, dass von diesem Konjunkturpaket die Menschen in unserem Land nachhaltig profitieren werden. Es trägt an vielen Stellen eine klar erkennbare sozialdemokratische Handschrift. Die zeitweilige Mehrwertsteuersenkung wirkt konjunkturbelebend und entlastet vor allem Menschen mit kleineren Einkommen und stärkt so den Konsum. Sie hilft damit auch den Haushalten, die durch Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit aktuell über ein geringeres Einkommen verfügen. Der Kinderbonus in Höhe von 300 Euro pro Kind stärkt die Einkommenssituation der Familien mit Kindern – das ist gut und richtig. Das darüber hinaus der Kita- und Ganztagschulausbau massiv vorangetrieben wird, ist eine richtige Investition in die Zukunft unseres Landes. Die Hilfen für kleine und mittelständige Unternehmen sind außerordentlich hilfreich, weil hier 25 Milliarden Euro für den Ausgleich der durch Corona bedingten Umsatzausfälle zur Verfügung gestellt werden. Davon werden auch in Wuppertal besonders das Hotel- und Gaststättengewerbe, Kneipen und Clubs, Reisebüros sowie Sozialunternehmen profitieren, weil bis zu 80 Prozent der fixen Betriebskosten erstattet werden können. Für den Kulturbereich werden ebenfalls Mittel zur Wiederaufnahme des Betriebes und zur Erhaltung und Stärkung der Kulturinfrastruktur zur Verfügung gestellt. Damit tut der Bund alles, um eine lebenswerte Infrastruktur in unserer Stadt zu sichern. Der Anreiz zur Modernisierung der Wirtschaft kommt zur richtigen Zeit. Mit klugen und strategischen Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung werden deutliche Signale in Richtung einer auch ökologisch nachhaltigen Zukunft gestellt. Die Unterstützung der Kommunen ist hilfreich und richtig. Dass es zu einer Verstetigung des Bundeszuschusses zu den Kosten der Unterkunft kommt, ist die Erfüllung einer lange erhobenen Forderung, die gerade einer Stadt wie Wuppertal auch in Zukunft sehr hilft. Gleiches gilt für den Ausgleich der Gewerbesteuerausfälle. Offen geblieben ist allerdings die Entschuldung der Kommunen. Dies ist erneut am Widerstand von CDU und CSU gescheitert. Wie bei der Abstimmung über den ,Stärkungspakt Stadtfinanzen‘ in NRW, der gegen die Stimmen der CDU im Landtag verabschiedet werden musste, wird erkennbar, dass der Union die Überzeugung für eine Lösung des Problems der Gemeindefinanzierung fehlt. Dies werden wir im Kommunalwahlkampf den Menschen in unserer Stadt vermitteln.“

Bürgermeister Marc Schulz (Grüne): „Man kommt nicht umhin anzuerkennen, dass insbesondere die Regelungen zur Übernahme der Gewerbesteuerausfälle durch Bund und Land sowie die Erhöhung des Bundesanteils bei den Kosten der Unterkunft eine spürbare Hilfe für die Kommunen darstellt. Vor allem Letzteres führt auch dauerhaft dazu, dass die Kommunen wieder mehr Luft zum Atmen erhalten. 30 Millionen Euro Minderaufwand pro Jahr erhöhen die Handlungsfähigkeit der Städte ganz eindeutig. Trotzdem bleibt am Ende auch die Enttäuschung darüber, dass sich Bundesfinanzminister Scholz trotz großer Ankündigungen am Ende nicht mit seinem Vorschlag für ein kommunales Entschuldungsprogramm durchsetzen konnte. Diese Aufgabe darf jetzt nicht ad acta gelegt werden, vielmehr muss das Land jetzt wie schon seit Längerem angekündigt ein eigenes Konzept für einen Altschuldenfonds vorlegen. Während der Bund nun vorgelegt und ein eigenes Unterstützungspaket für die kommunale Ebene geschnürt hat, ist die schwarz-gelbe Koalition in NRW immer noch im Tiefschlaf und hält die von ihr ermöglichte zusätzliche Verschuldung der Kommunen in der Krise für ein ausreichendes Hilfsangebot.“

Klaus Lüdemann (Stadtverordneter und finanzpolitischer Sprecher der Grünen): „Wie die 2,5 Milliarden für den Nahverkehr verteilt werden, ist noch unklar. Die WSW haben Einnahmeausfälle durch Corona zu verzeichnen. Geld vom Bund gibt es nur für 2020. Um den Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter zu forcieren, wird der Deckel für Photovoltaik unmittelbar abgeschafft. Wir erwarten, dass jetzt auch in Wuppertal die Errichtung von Solaranlagen auf allen öffentlichen und privaten Dächern vorankommt."

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