Verabschiedung am Uellendahl Pfarrerin Karin Weber: 39 Jahre für Hörende und Gehörlose

Wuppertal · Nach 39 Jahren als Pfarrerin der hörenden und Gehörlosengemeinde in Wuppertal-Uellendahl wird Karin Weber am 6. Oktober 2024 in den Ruhestand verabschiedet. Ihre Arbeit hat sie als „absolute Horizonterweiterung“ erlebt.

Pfarrerin Karin Weber.

Foto: Sabine Damaschke

Direkt Augenkontakt aufnehmen, deutlich reden und klar sein in Wort, Gestik und Mimik: Ihre langjährige Arbeit als Gehörlosenseelsorgerin hat Karin Weber geprägt, in der sie, wie sie gerne betont, „mit den Augen hören und den Händen reden muss“. 1985 startete sie in ihre erste Stelle als Pfarrerin im Uellendahl an, zu der schon damals auch die Gehörlosengemeinde zählte, die sich seit 1969 in der Philippuskirche trifft und eine von insgesamt 19 Gehörlosengemeinden in der Evangelischen Kirche im Rheinland ist.

„Das war für mich ein völlig neuer faszinierender Arbeitsbereich“, erzählt sie. „Ein Jahr konnte ich noch meinem Vorgänger Hans Sarrasch „auf die Hände sehen“ und mich einarbeiten, denn für das Erlernen der deutschen Gebärdensprache gab es noch keine Sprachschulen.“ Aber einen Kompaktkurs an der Hamburger Universität, zu dem sie vier Jahre lang pendelte. Erst 2002 wurde DGS als Sprache rechtlich anerkannt.

Gehörlosen den Rücken gestärkt

Zeitgleich hieß es also „Learning by doing“ in der Gehörlosengemeinde, die aus etwa 200 Mitgliedern besteht. Sie kommen aus den Kirchenkreisen Wuppertal, Niederberg und Düsseldorf-Mettmann. Als Seelsorgerin musste sie häufig miterleben, wie die Menschen ihrer Gehörlosengemeinde unter Ausgrenzung, Vorurteilen und zermürbenden Auseinandersetzungen mit Behörden litten, wie sie um Unterstützung im Alltag, um Hilfsmittel, Schul- und Ausbildungsplätze kämpfen mussten.

„Ich habe versucht, ihnen den Rücken zu stärken und erlebbar zu machen, dass sie von Gott angenommen sind“, sagt sie. „Die Gemeinschaft in der Gemeinde ist wichtig, weil sie sich gegenseitig bestärken und unterstützen.“

Den barrierefreien Umbau des Gemeindezentrums hat Karin Weber intensiv begleitet.

Foto: Sabine Damaschke

Mit der hörenden Gemeinde gebe es einen guten Austausch, von dem alle profitierten, meint die Theologin. Sie betreut die Gehörlosengemeinde und die hörende Gemeinde rund um die Philippuskirche in Uellendahl-Ostersbaum jeweils mit einer halbe Stelle. „In die visuelle Welt tauber Menschen einzutauchen und sie zu verbinden mit der hörenden Gemeinde ist bis heute ein großartige Horizonterweiterung“, betont die Theologin.

Lebensbegleitende Glaubenshilfe

Die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Familien, die ökumenischen Partnerschaften nach Namibia und Botswana, Seelsorge und Gottesdienste in vielfältiger Form, lebensbegleitende Glaubenshilfe seien immer Schwerpunkte ihrer Arbeit als Pfarrerin für die hörende und gehörlose Gemeinde gewesen, erzählt sie.

Daneben engagierte Karin Weber sich in vielen Gremien bei Kirche und Diakonie auf Landes- und Bundesebene für das Thema Inklusion. „Manchmal war das anstrengend, es hat aber auch viel Freude gemacht, vor allem, wenn etwas bewegt werden konnte in Richtung gleichberechtigte Teilhabe aller. Unsere Landessynode der rheinischen Kirche ist die einzige in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), in der Gebärdendolmetschende im Eröffnungsgottesdienst und beim Präsesbericht selbstverständlich dazu gehören“, lobt sie.

Starkes Zeichen für Inklusion setzen

Dass Kirche ein starkes Zeichen für Inklusion setzt, war Karin Weber immer wichtig. Auch oder gerade in Zeiten, in denen Gemeinden und Kirchenkreise zusammengelegt, Pfarrbezirke im Zuschnitt verändert, Kirchen und Gemeindehäuser aufgegeben werden.

Predigen mit den Händen: Karin Weber in der Philippuskirche.

Foto: Sabine Damaschke

Sie hat sich dafür stark gemacht, dass auf dem Grundstück der Philippuskirche, das die Gemeinde verkauft hat, ein Wohnprojekt für Menschen mit Behinderung entsteht und aus dem Gemeindezentrum Uellendahl ein Haus mit Barrierefreiheit für alle Menschen wird. Mit dem Umbau rücken die beiden Gemeinden nun noch näher zusammen.

Die Pfarrerin freut sich, dass sie in den 39 Jahren ihrer Tätigkeit dazu beitragen konnte, in Uellendahl ein positives Beispiel für praktische Inklusion zu entwickeln. Anhand einer Gebärde zeigt sie, wie sich der Begriff der Behinderung seitdem verändert hat – von einer Geste, die „Arm ab“ symbolisiert hin zu einer Gebärde, die die Begrenzung durch eine Mauer zeigt. „Das Problem ist nicht die Behinderung, sondern die Mauer – auch in den Köpfen -, die Menschen mit Behinderung begrenzt“, erklärt Karin Weber. „Und mit unserem Umbau sorgen wir dafür, dass es weniger unüberwindbare Mauern gibt.“