Das China-Tagebuch - Teil 8 Smog is in your eyes

Unglücklicherweise herrscht bei unserer Reise immer mal wieder dicke Luft. Das ist nicht auf atmosphärische Verstimmungen zurückzuführen, sondern auf den Smog. Der versteckt nicht nur alle möglichen Sehenswürdigkeiten vor uns, sondern hindert auch die von der bergischen Frischluft verwöhnten Atemwege an der freien Ausübung ihrer Tätigkeit.

 Vor und nach der Autowäsche.

Vor und nach der Autowäsche.

Foto: Hendrik Walder

Selbst die Verursacher der grauen Dunstglocke selbst, unsere gastgebenden chinesischen Wirtschaftskapitäne, schimpfen über deren Auswirkungen. Während die einen sich wortreich für die Sichtbeeinträchtigungen entschuldigen, bedanken sich andere im gleichen Maß überschwänglich für unseren Besuch, wenn in dessen Gefolge zufällig klares, sonniges Wetter herrscht.

 Der dunstige Sonnenaufgang in Dongguan könnte so schön sein, aber man muss sich beim Anblick immer wieder räuspern ...

Der dunstige Sonnenaufgang in Dongguan könnte so schön sein, aber man muss sich beim Anblick immer wieder räuspern ...

Foto: Hendrik Walder

Dabei sind unsere Einflussmöglichkeiten bescheiden. Teller leer essen geht angesichts der riesigen Portionen gar nicht. Wolken abschießen ist seit Olympia 2008 selbst in China unüblich, außerdem durften wir keine Schusswaffen einführen. Manchmal wird auch tagelang die Produktion ausgesetzt — wie etwa im Vorfeld des kürzlichen G-9-Gipfels. Unsere Delegation scheint für solch drastische Maßnahmen nicht hochkarätig genug und muss deswegen bei der Ankunft in Peking die Folgen der industriellen Aufholjagd ertragen.

 Hier sehen, pardon, ahnen Sie das Rathaus von Dongguan.

Hier sehen, pardon, ahnen Sie das Rathaus von Dongguan.

Foto: Hendrik Walder

Dass trotzdem am nächsten Tag die Sonne vor einem blauen Himmel aufgeht, hängt mit Windstärken von acht bis neun zusammen, die den grummelnden Smog aufs Meer treiben. Klar, dass Li Jingyu, der Chef des WKW-Standorts Bejing, bei unserem Besuch anregt, Wuppertaler Ingenieure mögen doch Propeller entwickeln, die diese Funktion dauerhaft übernehmen. Touristisch gesehen hat solch eine solche Lösung jedoch Nachteile. Auf dem ohnehin recht zugigen "Platz des Himmlischen Friedens" etwa weht der Wind ganze Reisegruppen ineinander. Die gefühlten zehn Grad Minus verleiden einem ohnehin einen längeren Aufenthalt und spielen nur den Straßenhändlern in die Karten, die uns mit Pelzmützen und Wollhandschuhen umgarnen.

 Peking, Samstag, 15 Uhr, die Ampelleuchten verschaffen dem Wasserwerfer ein wenig Orientierung.

Peking, Samstag, 15 Uhr, die Ampelleuchten verschaffen dem Wasserwerfer ein wenig Orientierung.

Foto: Hendrik Walder

Dafür könnten die Smog-Propeller ein wenig die Probleme des Individualverkehrs mit einer neuen Variante entschärfen: Die des fliegenden Roberts, der mit seinem segelnden Regenschirm die Mega-Staus überfliegt.

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