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Ralf Geisendörfer verlässt CDU: „Es gab nicht ein Wort des Dankes“

Ralf Geisendörfer verlässt die CDU : „Es gab nicht ein Wort des Dankes“

71 ist er, seit 31 Jahren lebt er in Wuppertal, ist seit 22 Jahren Mitglied der CDU (gewesen). Zum 30. Juni hat der gelernte Buchhändler Ralf Geisendörfer, der viele Jahre lang in der Bezirksvertretung Elberfeld sowie im Stadtrat saß, jetzt seinen Austritt aus der CDU erklärt. Stefan Seitz und Roderich Trapp fragten ihn nach seinen Gründen.

Rundschau: In Ihrer Austrittserklärung schreiben Sie, dass „in unserer Kreispartei seit langem, und in letzter Zeit verstärkt, das ‚C’ in unserem Parteinamen nicht mehr gelebt wird“. Was meinen Sie damit?

Geisendörfer: „Was mir in der Wuppertaler CDU fehlt, sind humanistische Werte und ein fairer Umgang. Eine schlimme Erfahrung für mich war der Kreisparteitag vor einem Jahr, als Matthias Nocke, der später selbst wieder gestürzt wurde, Rainer Spiecker gestürzt hat. Ich habe damals bei denen, die dann gespürt haben, dass jetzt neue Posten, beispielsweise für die Fraktionsführung, vergeben werden, blanke Gier und Machtstreben in den Augen gesehen. So etwas hatte ich, obwohl die Partei ja auch in der Vergangenheit schon oft hart am Rand war, noch nie erlebt. Man muss sich eben auch darüber im Klaren sein, dass die wichtigen Funktionen in Fraktion und Partei mit lukrativen Aufsichtsratssitzen verbunden sind. Da kommen ja mehrere Zehntausend Euro im Jahr an Aufwandsentschädigung zusammen. Das ist längst kein Ehrenamt mehr.“

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Rundschau: Das ist aber kein reines Wuppertaler Problem.

Geisendörfer: „Nein, das ist überall so. So ist das Leben. Aber ich muss das ja nicht akzeptieren. Mich konnte man nie umdrehen. Obwohl ich in den letzten Jahren nur noch Nachrücker gewesen bin, habe ich trotzdem im direkten Kontakt mit der Verwaltung, wo viele gute Leute arbeiten, viel Kleinteiliges umsetzen können.

Rundschau: Zum Beispiel?

Geisendörfer: „Den großen Schriftzug ,Schwimmoper’ am Eingang der Schwimmoper. 20 Jahre lang habe ich dafür gekämpft, auch während der Zeit, als OB Peter Jung und Kämmerer Slawig die Schwimmoper einfach verkaufen wollten, wogegen ich mich stets vehement gewehrt habe. Als der Schriftzug dann vor einem Jahr endlich Wirklichkeit wurde, gab es in der CDU-Fraktion nicht ein Wort des Dankes. Dass ich mitgeholfen habe, die vom damaligen CDU-Fraktions-Chef Michael Müller gewollte Öffnung der Luisenstraße zur Briller Straße hin zu verhindern, was die Atmosphäre des Viertels zerstört hätte, hat mir viel Ärger innerhalb der Partei eingebracht. Genauso wie mein Nein zur Abschaffung des Kreisverkehrs an der Kasinostraße. Man sagt über mich: ,Der gibt keine Ruhe.’ Das stimmt. Aber so bringt man es in der Wuppertaler CDU zu nichts. Ich bin schon enttäuscht, dass nach 22 Jahren nur das als Erfahrung bleibt.“

Rundschau: Was stößt Ihnen besonders auf?

Geisendörfer: Es sollte so sein, dass die Politik den Takt vorgibt und die Verwaltung das dann umsetzt. Aber das Wuppertaler Modell der Dezernentenpostenvergabe nach Parteienproporz und ein übermächtiger Kämmerer verhindern das. Außerdem kann ich einfach nicht akzeptieren, dass es für hohe Posten in der Verwaltung, beispielsweise in den Bereichen Bauen und Stadtentwicklung, keine Residenzpflicht gibt. Da bearbeiten Leute, die nicht in Wuppertal leben, für die Stadt sehr wichtige Dinge.

Rundschau: Sie selbst sind gebürtiger Würzburger ...

Geisendörfer: „Ja, Würzburg ist meine Geburtsstadt, Wuppertal meine Heimatstadt. Ich liebe Wuppertal sehr, habe ich mich deshalb vielfach engagiert. Zuletzt gegen die Seilbahn. Mit großem Erfolg.“

Rundschau: Wie geht es jetzt für Sie weiter?

Geisendörfer: „Ich bin in die Würzburger CSU eingetreten. In Wuppertal werde ich mit der WfW/Freie Wähler kooperieren. Die sind keine Partei, sondern ein Verein und eine gute Alternative zur FDP. Ich nehme niemandem ein Ratsmandat weg. Man darf übrigens nicht vergessen, dass einige, die zurzeit im Rat sitzen, schon mehrere Parteiwechsel hinter sich haben. Nicht zuletzt der aktuelle CDU-Chef Rolf Köster.“