Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Der Gartenschläfer

Wuppertal · Diese Meldung hat mich aufhorchen lassen: Der Gartenschläfer ist von der Deutschen Wildtierstiftung zum „Tier des Jahres 2023“ erkoren worden. Beim Stichwort „Gartenschläfer“ hätte ich bisher ganz automatisch an entspannt im Liegestuhl ratzende Lehrer im Vorruhestand gedacht. Dass sich dahinter auch eine Tierart verbirgt, ist an mir als Großstadtkind komplett vorbeigegangen.

Roderich Trapp.

Roderich Trapp.

Foto: Wuppertaler Rundschau/Max Höllwarth

Tatsächlich handelt es sich beim Gartenschläfer aber um einen etwa faustgroßen, nachtaktiven Kleinsäuger, der aussieht, als hätte sich eine Mischung aus Kaninchen und Maus eine Zorro-Maske umgebunden. Das liegt an den charakteristischen schwarzen Augenringen, die wir in freier Wildbahn in dieser Form sonst nur noch von Alice Cooper kennen.

Der Gartenschläfer gehört übrigens zur der Familie der Bilche, deren Existenz sich leider auch noch nicht bis zu mir herumgesprochen hat. Das könnte daran liegen, dass Bilche – der Wuppertaler Stadtverwaltung nicht unähnlich – einen ausgedehnten Winterschlaf halten und man sie daher selten antrifft. Beim Gartenschläfer kommt erschwerend hinzu, dass die Art stark gefährdet ist und sich genau wie viele ältere Urlauber in Funktionskleidung überwiegend in dünner besiedelten Gegenden im Harz, im Schwarzwald und in Bayern bewegt.

Im Zusammenhang mit dem Gartenschläfer habe ich dann noch ein neues Wort gelernt: Er ist nämlich auch als „Verantwortungsart“ innerhalb der nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt der Bundesregierung eingestuft worden. Gemeint ist damit offensichtlich, dass sich die Regierung dafür verantwortlich erklärt, den Gartenschläfer nicht aussterben zu lassen. Dafür ist das Wort „Verantwortungsart“ aber nicht so gut gewählt, weil man ja automatisch annimmt, dass es dabei um Arten von Verantwortung und nicht um die Verantwortung für Arten geht.

Arten von Verantwortung ist im Zusammenhang mit der Bundesregierung ja sowieso ein wichtiges Thema. Die Innenministerin hat beispielsweise soeben eine Art „Verantwortung light“ erfunden, weil sie ihre Aufgabe als Innenministerin so locker nimmt, dass sie nach gut einem Jahr in diesem nicht ganz unwichtigen Amt doch lieber Ministerpräsidentin in Hessen werden will. Terroristen und Staatsfeinde hat sie gebeten, für die Zeit des Landtagswahlkampfs freundlicherweise von subversiven Aktivitäten Abstand zu nehmen.

Die letzte Verteidigungsministerin konnte gar keine Verantwortung übernehmen, weil sie bis zum Schluss dachte, das lange Rohr vorne am Panzer dran wäre der Auspuff. Und der Bundeskanzler hat seine Verantwortung für Waffenlieferungen gleich ganz an andere Staatschefs abgegeben.

Nur die Außenministerin übernimmt Verantwortung für die ganze Welt, ist als tag- und nachtaktives Wesen quasi das Gegenteil des Gartenschläfers und steht deshalb speziell in Russland nicht unter Artenschutz.

Es gibt übrigens auch ein „Zootier des Jahres 2023“. Dabei handelt es sich um den Ara, der sich in Wuppertal dank des dollen Zoo-Ottos „Aralandia“ großer Beliebtheit erfreut. Daher wurde das „Zootier des Jahres 2023“ am Montag auch in dieser Freiflug-Voliere vorgestellt – und zwar von NRW-Minister Oliver Krischer. Er hat damit Verantwortung übernommen und Mut bewiesen. Minister haben schließlich wegen Freiflügen schon oft Schwierigkeiten bekommen ...

Bis die Tage!

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