Mit einem Bein auf zwei Rädern

Wuppertal · Mit vier Jahren verlor Rene Geißen bei einem Verkehrsunfall sein linkes Bein. An das Geschehen selbst hat er keine Erinnerung mehr. Aber lieber spricht er ohenhin über sein aktuelles Hobby — er fährt Mountainbike!

 Für das Foto kurz in Position gebracht: René Geißen mit seiner Hightech-Prothese (im Vordergrund) und die Radfahrer-Kollegen vom ADFC. Danach ging es ins Gelände.

Für das Foto kurz in Position gebracht: René Geißen mit seiner Hightech-Prothese (im Vordergrund) und die Radfahrer-Kollegen vom ADFC. Danach ging es ins Gelände.

Foto: Eduard Urssu

Mit vier Jahren verlor Rene Geißen bei einem Verkehrsunfall sein linkes Bein. An das Geschehen selbst hat er keine Erinnerung mehr. Aber lieber spricht er ohenhin über sein aktuelles Hobby — er fährt Mountainbike!

Eine Horrorvorstellung für alle Eltern. Im Urlaub: Die gesamte Familie genießt den Sommerurlaub am Badestrand, als der vierjährige Sohn von einem Autobus erfasst und etliche Meter im Radkasten mitgeschleift wird. Am Ende muss sein linkes Bein amputiert werden. Heute, nach 35 Jahren, kann René Geißen, der Junge von einst, ungezwungen darüber reden. Der Sport half ihm entscheidend, mit seinem Handicap klarzukommen. Geißen war schon immer sportlich unterwegs. Früher war es Basketball, aber mit Squash und Badminton hält man sich auch ganz fit, meint er. Seine große Leidenschaft ist aktuell freilich das Fahrrad. Wie es damit angefangen hat, darüber freut sich das Redakteursherz. "Ich habe einen Bericht über den ADFC in der Wuppertaler Rundschau gelesen", erinnert sich René Geißen an die ersten Kontakte mit dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub. Das war vor zwei Jahren. Seitdem "reißt" er mehrere hundert Kilometer im Monat ab — alles mit einem Bein.

"Ich habe zwei Beine", korrigiert René Geißen, "nur eines ist eben nicht original.". Linksseitig trägt ihn eine moderne Prothese mit mikroprozessorgesteuertem, hydraulischem Kniegelenk. Sensoren messen darin die Kniebeugung und imitieren mit Hilfe der Hydraulik einen möglichst natürlichen Bewegungsablauf. Gut im Alltag, aber beim Radfahren ist das rund 20.000 Euro teure Hightech-Gerät keine große Hilfe. "Leider nicht", bestätigt René Geißen, "links kommt die ganze Kraft aus dem unteren Rücken." Und Kraft braucht er, so oft er mit der Radgruppe des ADFC unterwegs ist. Und da liegt auch die Ursache für die zwei Nachteile des Radsports bei René Geißen: "Wenn die Prothese einmal richtig angepasst ist, dann passt sie ein paar Jahre. Doch wegen der muskulären Veränderung muss ich schon mal öfter in die Werkstatt." Der andere Nachteil betrifft das Portemonnaie. "Ohne gutes Equipment, geht es auf Dauer nicht. Das geht schon ins Geld..."

Auf die Frage, ob er sich als Botschafter des Behindertensports sieht, winkt René Geißen ab. "Ich bin bestenfalls ein Motivator, aber nicht nur für die behinderten Kollegen. Wenn wir in der Gruppe unterwegs sind, dann versuchen sich manche an mir zu messen." Aber das ist dann eine richtige Herausforderung, bestätigt auch Karl-Heinz Degenkolb vom ADFC. Regelmäßig führt er die Mountainbike-Gruppe an ihre körperlichen Grenzen — da sind 70 Kilometer schnell erreicht. Für René Geißen kein Problem. Am Wochenende kommen dann gerne noch mal 100 Kilometer hinzu.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort