Medienprojekts Wuppertal Filmporträt „Nähe“: Sexualität kennt kein Tabu

Wuppertal · Das Filmporträt „Nähe“ des Medienprojekts Wuppertal zeigt, wie Behinderte ihre Lust ausleben. Dafür gewannen die Macher einen Kurzfilmpreis.

Ausgezeichnet: Sexualbegleiter Thomas Aeffner umarmt Hannah Long im Film innig.

Foto: Medienprojekt Wuppertal

Der zwölfminütige Streifen wäre überflüssig, wenn die Gesellschaft offener wäre. Doch weil sie das nicht ist, legt die Kurz-Doku eine unbequeme Wahrheit offen: Es wird über Inklusion geredet, doch beim Thema Sexualität wird ausgegrenzt. Die Filmemacher Sebastian Bergfeld, Aline Blum, Birte Rüster und Diana Staub wollten das sichtbar machen und zeigen, wie es geht: unverblümt und liebevoll.

Auf dem inklusiven Kurzfilmfestival „Klappe Auf!“ in Hamburg Anfang April kam der Film so gut an, dass er den ersten Platz belegte. „Dieser Film öffnet Türen – und zwar nicht nur die zum Schlafzimmer, sondern vor allem die in den Köpfen“, urteilte die fünfköpfige Jury. Der Film erzähle „von etwas Universellem: dem Recht auf Lust, auf Zärtlichkeit.“

Bei der Preisverleihung in Hamburg nahmen die Protagonisten mit den Filmemachern Diana Staub und Sebastian Bergfeld den ersten Preis des Kurzfilmfests entgegen.

Foto: Medienprojekt Wuppertal

Da ist zum einen Hannah Long, die mit einer Gehirnschädigung geboren ist und ihren Körper kaum kontrollieren kann. Die 36-Jährige aus Witten wohnt in einer eigenen Wohnung mit Rufdienst. Sie malt gerne, besucht Demos gegen Krieg und Nationalismus. Und bekommt dreimal im Jahr Besuch: Von Thomas Aeffner. Er ist Sexualbegleiter und sitzt in einer Szene vor ihr auf dem Bett. Sie unterhalten sich, er hat ihr ein selbstgemaltes Bild von ihrem nackten Körper mitgebracht. „Ich hoffe, ich kann dir damit zeigen, wie schön du bist“, sagt er. Und dann: „Möchtest du mich ausziehen?“ Sie antwortet: „Ja, endlich“. Wenig später liegen die beiden umschlungen im Bett.

Long zögerte nicht lange, als sie das Angebot bekam, mitzumachen. Sie sei ein Mensch der gerne Mauern durchbreche. „Ich habe mitgemacht, damit Menschen sehen, dass wir keine Pflegefälle sind. Wir benötigen Unterstützung, aber wir haben Bedürfnisse.“ Bei den Dreharbeiten war nur Kameramann Sebastian Bergfeld im Zimmer dabei.

Den zweiten Einblick im Film gewährt Norbert, der seit 2016 querschnittgelähmt war und nach den Dreharbeiten verstarb. Im Film erzählt er, wie er sich nach dem folgenschweren Unfall einst fragte, ob er jemals wieder Sex habe werde. Als ihn Sexualbegleiterin Pia Hoffmann besucht, dachte er anfangs, er müsse performen. „Heute denke ich nicht darüber nach, heute machen wir einfach“, sagt er.