Interview mit Richard Voß von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) "Die Klassenräume verdrecken"

Wuppertal · Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) beklagt die Hygienesituation an Schulen. Richard Voß, Vorstand der GEW Wuppertal, sprach mit der Rundschau über Ursachen und Folgen.

 „Die Stadt muss dringend handeln“, fordert Richard Voß von der GEW Wuppertal.

„Die Stadt muss dringend handeln“, fordert Richard Voß von der GEW Wuppertal.

Foto: GEW

Rundschau: Die GEW Wuppertal hat eine Umfrage an Schulen zur Reinigungssituation durchgeführt. Mit welchem Ergebnis?

Voß: Wenn es um die Hygienesituation geht, verteilen die Schulen ganz schlechte Noten an die Stadt. Übereinstimmend gaben alle Schulen an, dass die Zeit, die den Reinigungskräften für die ihnen vorgegebenen Aufgaben zur Verfügung steht, bei weitem nicht ausreicht.

Rundschau: Mit welchen Konsequenzen?

Voß: Diese Situation führt dazu, dass die Putzaufgaben nicht ordentlich erledigt werden können beziehungsweise ganz unter den Tisch fallen. In der Folge verdrecken Klassenräume und Flure, Tische werden selten bis nie abgewischt, von Schrankoberflächen und Regalen ganz zu schweigen. Manche Fenster und auch Fensterbänke sehen die Fensterputzer nur einmal im Jahr, Waschbecken bleiben ungeputzt und Wollmäuse fühlen sich wohl in den Einrichtungen. Es gibt Schulen, in denen Eltern und Lehrkräfte "Putztreffs" in den Klassenräumen abhalten, weil es anders nicht mehr tragbar ist.

Rundschau: Gibt es besonders schlimme Bereiche?

Voß: Ein besonderes Hygieneproblem stellen die Toilettenanlagen da. Wenn etwa 250 Grundschüler einer Offenen Ganztagsgrundschule ihre Toiletten vormittags benutzt haben, dann sollte jedem klar sein, dass spätestens um 13 Uhr noch einmal geputzt werden muss. Im Ganztagsbereich reicht es einfach nicht aus, die Sanitäranlagen erst nach Abschluss des Tages zu putzen.

Rundschau: Wo liegt das Problem?

Voß: Der Reinigungsplan der Stadt Wuppertal und ihrem Gebäudemanagement richtet sich in allen Punkten lediglich nach den dort niedergelegten Mindestanforderungen und lässt weitergehende Hinweise völlig außer Acht. Aber selbst diese Mindestanforderungen werden häufig nicht eingehalten, weil die viel zu engen Zeitvorgaben für die Reinigungsfirmen das nicht zulassen.

Rundschau: Sie kritisieren auch das städtische Gebäudemanagement. Warum?

Voß: Das Gebäudemanagement ignoriert schlicht die vielen Beschwerden der Schulen, ist oft unzuverlässig und erwartet, dass Kinder und Lehrkräfte ausbügeln, wofür es selbst zuständig ist. So sollen Kinder fegen und Lehrkräfte umräumen, bevor gereinigt wird. Das alles ist aber nicht Aufgabe der Schule.

Rundschau: Was sind Ihre Forderungen?

Voß: Klassenräume müssen häufiger als zweieinhalb Mal pro Woche gewischt werden, und wenn besondere örtliche Begebenheiten und längere Nutzungszeiten wie zum Beispiel durch den Offenen Ganztag oder wegen Nachmittagsunterricht dies erfordern, auch täglich. Schränke, Regale und Fensterbänke müssen mindestens einmal im Monat dran sein. Toilettenanlagen in Schulen mit ganztägiger Nutzung müssen täglich zweimal gereinigt werden. Eine jährliche Grundreinigung muss zuverlässig gewährleistet sein und das Gebäudemanagement muss dafür Sorge tragen, dass alle anfallenden Umräum- und Reinigungsarbeiten von den Reinigungskräften oder weiteren Hilfskräften durchgeführt werden, denn diese Arbeiten gehören nicht zum Aufgabenkatalog von Lehrkräften. Dazu muss den Reinigungskräften wesentlich mehr Zeit für diese Aufgaben zugestanden, oder eben zusätzliches Reinigungspersonal eingestellt werden. Die Stadt muss hier dringend handeln.

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