Bundesjustizministerin Lambrecht in Wuppertal Mehr Rechte für Kinder – ein langer Weg

Wuppertal · Eine Bundesministerin war in der Stadt, sogar gleich eine zweifache. Christine Lambrecht (SPD) ist Chefin des Justiz- sowie des Familienministeriums. In der Elberfelder City-Kirche referierte sie über ein Thema, das sie in beiden Funktionen angeht: Kinderrechte.

 Bundesjustizministerin Christine Lambrecht war auf Einladung des Wuppertaler SPD-Bundestagsabgeordneten Helge Lindh am Montag in der Elberfelder City-Kirche bei einem Diskussionsabend zum Thema Kinderrechte zu Gast.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht war auf Einladung des Wuppertaler SPD-Bundestagsabgeordneten Helge Lindh am Montag in der Elberfelder City-Kirche bei einem Diskussionsabend zum Thema Kinderrechte zu Gast.

Foto: Wuppertaler Rundschau

Nachdem Christine Lambrecht selbst gesprochen hat, hört sie zu. Ihr Eröffnungsvortrag am Montagabend vor Eltern, Lehrern, Aktivisten und Interessierten umriss ihr politisches Engagement gegen Kinderpornografie im Netz und das ganzheitlich geschnürte und gerade verabschiedete Corona-Aufholpaket. Pointiert und leidenschaftlich sprach sie zu den Wuppertalerinnen und Wuppertalern. Und teilte auch deren Enttäuschung über das verfehlte Ziel im Juni: Die Kinderrechte haben es, 31 Jahre nachdem sie von der UN-Kinderrechtskonvention beschlossen wurden, nicht ins Grundgesetz geschafft. Lambrecht: „Ein verheerendes Signal.“

Verheerend. Das sind auch die Schilderungen, mit denen Jana Ihle als Pädagogische Leiterin der Alten Feuerwache die Ministerin konfrontiert. Sie spricht über Kinder, die nach dem ersten Lockdown in verstörendem Zustand in die Einrichtung an der Gathe zurückkehrten. Über Zustände, die sogar die hartgesottenen Sozialarbeiter schockierten. Und sie formuliert ihre Forderung – ein Paradigmenwechsel müsse her. Jana Ihle: „30 Jahre Kinderarmut in Wuppertal. Und die Probleme werden transgenerational weitergegeben. Wir beobachten, dass sich die Zustände verschärfen. Warum finden benachteiligte Kinder in ihren Quartieren die schlechteste Betreuung der Stadt vor? Warum sind nicht gerade in diesen Quartieren die am besten ausgestatteten Kindergärten und Schulen?“ Nur ein Ausgleich könne die über Generationen weitergegebenen Probleme beseitigen, sagt Ihle. Und den gebe es in keiner Weise.

Das Publikum applaudiert, die Bühne schweigt. Die Podiumsgäste sprechen weiter über das Netz, seine Chancen und vielmehr seine oft desaströsen Einflüsse auf Kinder und Jugendliche. Die Schülerin Mouna Christina Boustani fordert mehr als zwei Minderjährige im Ausschuss für Kinder und Jugendliche. Joachim Türk als Bundesvorstand des Kinderschutzbundes möchte eine Herabsetzung des Wahlrechts. Wie können Kinder und Jugendliche wahrhaftig partizipieren und gehört werden?

In der Fragerunde meldet sich eine Lehrerin und Mutter aus dem Publikum zu Wort, ihre Stimme überschlägt sich vor Enttäuschung und Wut: Schüler tragen Masken, während in vollen Stadien gegrölt wird. Sie klagt an: „Ich habe in den letzten Monaten gelernt, dass Kinder völlig egal sind.“ Und auch wenn die Ministerin die Fakten dieses Ausbruchs leicht korrigiert, bleibt zwischen Ihles Erzählungen und der ausgebrochenen Enttäuschung der Zuschauerin ein bedrückender Eindruck. Die Rechte der Kinder in Deutschland und auch in Wuppertal werden nicht ausreichend gewahrt.

Christine Lambrecht hat an diesem Abend sehr aufmerksam zugehört und geantwortet, so wirkte es, nach bestem Wissen und Gewissen. Viele Fragen bleiben stehen. Wann kommt ein Paradigmenwechsel? Könnte die Armut der benachteiligten Kinder beendet werden? Lambrecht möchte nach dieser Legislaturperiode nicht mehr als Kandidatin antreten.

Der Gastgeber des Abends in der City-Kirche, der Wuppertaler SPD-Bundestagsabgeordnete Helge Lindh, stellt sich allerdings sehr wohl zur Wiederwahl. Er sagt: „An diesem Abend hat eine Aussprache stattgefunden, offen und schonungslos. Der Mangel, den Kinder immer noch erfahren, die Auswirkungen von Kinderarmut sind bewusst geworden. Das war richtig und wichtig.“

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