Betrug an Behinderten: "Es lohnt sich!"

Freier Zugriff auf die Haushaltskasse, freie Auswahl aus den Einkäufen einer Wohngruppe von Menschen mit Behinderungen — so beschreiben Zeugen vor dem Amtsgericht die Wirtschaftsweise eines angeklagten Wohn-Betreuers (45).

Der Mann muss sich wegen serienmäßigen Betrugs und Untreue an seinen Klienten in einer Hausgemeinschaft der Troxler-Haus Wohnsiedlung am Dönberg verantworten. Er soll über 35 Monate bis Anfang 2013 insgesamt 11.300 Euro zu wenig für seine Verpflegung gezahlt haben.

Auch am zweiten Prozesstag schwieg der Angeklagte zu den Vorwürfen. Einem früheren Kollegen soll er gesagt haben "Es lohnt sich", als der sich nach den Abläufen bei der Gemeinschaftsverpflegung erkundigte. Ein Zeuge erklärte, er habe es zunächst für üblich gehalten, dass es keinen klaren Unterschied zwischen den Einkäufen des Angeklagten und denen der Gruppe gab — bis er sah, dass das in anderen Hausgemeinschaften penibel auseinander gehalten wurde: "Es gab bei ihm keine Trennung. Das machte ja andererseits auch das Besondere seiner Gruppe aus; das Familienähnliche."

Nicht erhärten werden sich womöglich Vorwürfe, wonach der 45-Jährige Taschengeld seiner Klienten für private, vielleicht sogar vorgetäuschte Anschaffungen benutzt haben soll. Zwar hatten gerade diese Ausgaben als "nicht plausibel" den Argwohn der Hausleitung ausgelöst. Laut Zeugen ist es aber möglich, dass die Käufe doch von Bewohnern getätigt wurden. Eine teure Outdoor-Jacke, deren Verbleib zunächst nicht nachvollziehbar war, soll inzwischen in einer selten benutzten Schublade wieder aufgetaucht sein.

Der Prozess wird fortgesetzt am 8. Mai um 9 Uhr im Justizzentrum am Eiland, Saal J06EG. Dann sollen rechtliche Betreuer der mutmaßlichen Geschädigten aussagen.

(Rundschau Verlagsgesellschaft)
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