Leserbrief „Ein tatenloser Oberbürgermeister“

Betr.: Schneidewind-Mobilitäts-Initiative „25 für 25“, Rundschau-Kommentar

 „Was das Fahrradfahren betrifft, so gibt es nur eine einzige Strecke, die ohne Todesangst befahrbar ist, und das ist die Nordbahntrasse“, schreibt Jürgen Richter.

„Was das Fahrradfahren betrifft, so gibt es nur eine einzige Strecke, die ohne Todesangst befahrbar ist, und das ist die Nordbahntrasse“, schreibt Jürgen Richter.

Foto: Christoph Petersen

Mit Ihrem Kommentar zum Mobilitätskonzept des Herrn Schneidewind stellen Sie sich mit breiter Brust vor diesen Oberbürgermeister und verkünden, dass er das Heft wieder in die Hand genommen hat. Kann es sein, dass wir Bürger da irgendetwas verpasst haben?

Herr Schneidewind hat doch mit seinen ersten 100 Tagen Amtszeit eindrucksvoll gezeigt, dass er auch nicht die leiseste Ahnung vom Amt eines Oberbürgermeisters hat. Dies hat er auch „neulich“ in seiner Rede zur Halbzeit nochmals klar bekundet und bestätigt, sich gleichzeitig aber zuversichtlich bezüglich der zweiten Hälfte gezeigt.

Sie stellen sich vor einen grünen Oberbürgermeister, der im letzten Jahr tatenlos zugesehen hat, wie im Osterholz 1.500 Bäume für eine Abraumhalde gefällt wurden – unter Zuhilfenahme von zwei Hundertschaften der Polizei.

Sie stellen sich vor jemanden, der klar bekundet, dass für ihn Innenstädte auf Einzelhandel basierend aus der Zeit sind, und deshalb für unseren notleidenden, baustellengeplagten Einzelhandel keinen Finger krümmt. Der es billigend hinnimmt, dass jeder, der über den für 150 Millionen umgebauten Döppersberg als „Eingangstor“ in eine bis mindestens 2034 verwüstete Innenstadt laufen kann, vorher begrüßt wird von der Weltmarke Primark.

Wir reden hier von dem Oberbürgermeister, der keine Mehrheit im Rat hinter sich bringen konnte und damit erneut desolate politische Verhältnisse geschaffen hat. Warum fällt mir bei seinem Namen immer „Hängebrücke“ ein? Wir reden vom obersten Verwaltungschef Wuppertals.

In dieser Funktion wäre es angemessen und konstruktiv, das schon so lange angekündigte gesamtstädtische Mobilitätskonzept zu forcieren und auf ordentlichem Wege endlich zu aktivieren.

Stattdessen meldet er sich mit eigenen Vorstellungen, die laut Ihrer Frau Bossy das offizielle Konzept, welches ja noch nicht vorliegt, ergänzen bezehungsweise verschärfen sollen. In ihrem Bericht hat Frau Bossy sicherlich nur die Highlights der Schneidewindschen Ideen dargestellt.

25 neue Bänke, um die Bürger zu animieren, kurze Strecken zu Fuß zu gehen. Bänke sind gewöhnlich zum Sitzen da und werden auf kurzen Strecken wenig benötigt. Zehn Bänke, inzwischen bundesweit bekannt, sollten mehr als genug sein.

Mehr barrierefreie Haltestellen. Für eine Schwebebahn, die man seit Umbau nicht mehr zum Laufen bekommt; für einen Busverkehr, dessen Fahrpläne wegen Personalmangel ausgedünnt sind, vielleicht für Züge, für die unentwegt Schienenersatzverkehr läuft – et cetera.

Wer mit dem Rad unterwegs ist, muss sich sicher fühlen können. Hier soll der Flickenteppich der Fahrradstraßen und der unzähligen Radwegekennzeichnungen erweitert werden. Wem dient zum Beispiel die Fahrradstraße Neue Friedrichstraße? Bezüglich Radwegemarkierungen kann ich Sie gerne nach Vohwinkel Zur Langen Brücke/Gruitener Straße einladen.

Bleiben wir in Vohwinkel, so ist auch die autofreie Kaiserstraße in der OB-Agenda. Jeder wird sich fragen, wofür autofrei? Die Kaiserstraße/Kaiserplatz ist geprägt von langjährigen Leerständen, die in diesem Monat Fortsetzung finden. Im Schaufenster des im März schließenden Drogeriegeschäfts Rutten ist eine lange Liste der über Jahre verschwundenen Läden ausgehängt. Niemand kümmert sich um diese Misere, obwohl die amtierende Bezirksvertretung sich dies auf die Fahne geschrieben hatte. Also nochmal, wofür autofrei?

Dies ließe sich endlos weiterführen. Für all das steht auch der tatenlose Oberbürgermeister, den Sie meinen, medial schützen zu müssen. Den Sie nicht ernsthaft mit Boris Palmer vergleichen wollen!

Bezüglich öffentliche Mobilität hatte Wuppertal mal eine Menge zu bieten. O-Busse bis nach Beyenburg, Straßenbahnen von Weyerstraße bis Gabelpunkt. Mit der Straßenbahn konnte man fast bis ins städtische Klinikum fahren. Und eine einwandfrei funktionierende Schwebebahn, allerdings nicht mit Zwei-Minuten-Takt. Damals waren auch sehr pfiffige Ratsherren und Verwalter am Werk und haben dies alles demontiert beziehungsweise auf die Schwebebahn bezogen verschlimmbessert.

Herr Schneidewind kann sicher sein, dass unsere Bürger wissen wie man zu Fuß geht und dass sie liebend gerne mit einwandfrei funktionierendem ÖPNV fahren würden.

Was das Fahrradfahren betrifft, so gibt es nur eine einzige Strecke, die ohne Todesangst befahrbar ist, und das ist die Nordbahntrasse, die bekanntlich aus Bürgerinitiative mit der überragenden Idee eines Carsten Gerhardt entstanden ist.

Jürgen Richter

● Leserbrief an die Wuppertaler Rundschau: redaktion@wuppertaler-rundschau.de
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