Beginn in Seniorenheimem Rainer Keßler: „Viel Hoffnung mit dem Impfstart verbunden“

Wuppertal · Es gibt die Spritze, endlich. Noch nicht für alle, aber in den Senioreneinrichtungen wird der Impfstoff gegen Corona injiziert. Drei davon gehören dem Caritasverband. Rundschau-Redakteurin Nina Bossy sprach mit Rainer Keßler, Fachbereichsleiter Stationäre Pflege, über den lang ersehnten Impfstart.

 Rainer Keßler ist Fachbereichsleiter Stationäre Pflege beim Caritasverband Wuppertal/Solingen.

Rainer Keßler ist Fachbereichsleiter Stationäre Pflege beim Caritasverband Wuppertal/Solingen.

Foto: CV

Rundschau: Seit Dienstag wird in den Caritas-Altenheimen gegen Covid 19 geimpft. Auf den Tag haben Sie, Ihre Mitarbeiter und die Bewohner lange gewartet. Wie war die Stimmung beim Impfstart? Wer hat die erste Spritze bekommen?

Keßler: „Es herrschte im Vorfeld so etwas wie aufgeregte Erwartung. Und es musste jede Menge Organisatorisches gestemmt werden: Alle Einwilligungen einholen, die hausinternen Impfstraßen für die mobilen Bewohner planen, Kühlschränke für den empfindlichen Impfstoff aufstellen, Freiwillige für die Nachbeobachtung gewinnen. Und dann endlich der erste Impftag. Begonnen wurde im Augustinusstift im Ostersiepen. Glücklich über die hohe Impfbereitschaft hat die Einrichtungsleiterin als erste die Ärmel hochgekrempelt und sich die Spritze geben lassen. Die Stimmung im Haus war, ebenso wie einen Tag später im Paul-Hanisch-Haus auf dem Nützenberg, sehr gut. Alle setzen darauf, dass mit der Impfung allmählich wieder ein Stück Normalität zurückehren kann.“

Rundschau: Wie vielen Bewohnern wurde der Impfstoff bereits injiziert?

Keßler: „Es wurden bisher 178 Bewohner geimpft. Das Altenzentrum St. Suitbertus ist erst am Samstag an der Reihe.“

Rundschau: Auch in den Caritas-Altenheimen war Corona ausgebrochen. Wie fühlt es sich an, nun der Krankheit etwas entgegensetzen zu können?

Keßler: „Da zitiere ich gerne einen Mitarbeiter vom Sozialen Dienst im Augustinusstift: ,Ein kleiner Pieks für einen Menschen, aber ein großer Sprung für die Menschheit.’ Frei nach dem Kommandanten der Apollo 11, Neil Armstrong, wird da doch deutlich, wie viel Hoffnung mit dem Impfstart verbunden ist. Alle wünschen sich das ,gesellige Leben’ in der Hausgemeinschaft eines Altenheims zurück.“

Rundschau: Haben Sie derzeit Corona-Fälle in den Altenheimen?

Keßler: „Wir haben noch einige wenige Fälle in der Kölner Straße.“

Rundschau: In die Heime kommen mobile Impfteams. Wie viele Personen sind das und wie läuft das Procedere ab?

Keßler: „In der Realität ist es ein wenig anders, als man durch öffentliche Darstellungen glauben könnte. Die Einrichtungen müssen sich ihre Teams selber zusammenstellen. Wir haben also Ärztinnen und Ärzte, die ohnehin über Bewohnerpatienten unsere Einrichtungen kennen, gewinnen können, die Impfungen durchzuführen. Und nicht nur das. Der zuvor gelieferte Impfstoff muss ja auch noch vor Ort portioniert und in die Spritzen aufgezogen werden. In der Regel kommen zwei Ärzte mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Unser Personal unterstützt bei der gesamten Organisation und der Verwaltungsarbeit.“

Rundschau: Patientenvertreter warnten vorab, dass zum Beispiel Demenzkranke nicht ohne Patientenverfügung einfach geimpft werden können. Was mussten Sie vorab organisieren?

Keßler: „Bewohnerinnen und Bewohner, die nicht mehr ihre Angelegenheiten selber regeln können, haben einen rechtlichen Betreuer. In den meisten Fällen sind das Angehörige. Über diese Betreuer haben wir die Einwilligungen eingeholt und ganz überwiegend auch erhalten.

Rundschau: Über 80-Jährigen wird dringend geraten, sich impfen zu lassen. Dennoch ist die Impfung freiwillig. Wie hoch ist die Bereitschaft der Bewohner?

Keßler: „Die Bereitschaft unter den Bewohnerinnen und Bewohnern ist sehr hoch. Fast alle wollen geimpft werden.“

Rundschau: Es gibt zu wenig Impfstoff, sogar für die Heime. In einem Frankfurter Heim wurde per Los entschieden. Wie entscheiden Sie, wer zuerst geimpft wird? Und wie ist die Stimmung bei den Bewohnern?

Keßler: „Dieses Problem hat sich bei uns nicht gestellt. Wir haben den Bedarf gemeldet und die entsprechende Menge Impfstoffe erhalten. Unter der Bewohnerschaft herrscht Freude, dass man in unserem Land zuerst diejenigen impft, die besonders gefährdet sind. Das ist ja auch ein Stück Wertschätzung für die Lebensleistung der alten Menschen,“

Rundschau: Wurden auch schon Mitarbeiter geimpft? Wie hoch ist die Impf-Bereitschaft in der Belegschaft?

Keßler: „Die Impfbereitschaft unter den Mitarbeitenden liegt bei uns, wie bei anderen Pflegeeinrichtungen, bei über 60 Prozent. 167 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind schon geimpft.“

Rundschau: Wie viele Menschen leben in den Caritas-Altenheimen? Wie viele Mitarbeiter arbeiten dort? Können Sie prognostizieren, wann jeder, der möchte, eine Impfung erhalten haben wird?

Keßler: „In unseren drei Einrichtungen werden 327 Plätze zur Verfügung gestellt und wir haben eine sehr hohe Auslastung. In den drei Einrichtungen sind 431 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und viele Ehrenamtliche beschäftigt. Jeder Mitarbeiter, der jetzt geimpft werden wollte, hatte die Möglichkeit, sich anzumelden und wäre geimpft worden. Die bereits einmal an Covid 19 erkrankten Mitarbeiter werden gegenwärtig jedoch – aufgrund der Vorgaben – nicht geimpft.“

Rundschau: Die Regeln macht der Bund, die Organisationsstrukturen schafft das Land, die Stadtverwaltung muss sie umsetzen. Konnten die Heime aller Träger gleichzeitig starten? Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit dem Wuppertaler Krisenstab?

Keßler: „Die Wuppertaler Heime haben nicht gleichzeitig starten können, aber doch zeitnah. Die Reihenfolge wird nach den Postleitzahlen bestimmt. Die Zusammenarbeit mit dem Krisenstab funktioniert gut. Mit dem Gesundheitsamt und der WTG-Behörde (der Heimaufsicht, Anmerkung der Redaktion) sind wir seit Monaten sozusagen im Dauerkontakt. Dass es da auch schon einmal organisatorische Probleme gab, ist verständlich. Unsere Kritik wurde aber bisher immer gehört und nach Möglichkeit in konstruktive Lösungen umgesetzt. Insgesamt arbeiten wir vertrauensvoll zusammen.“

Rundschau: Die Impfung ist mit großer Hoffnung verbunden. Wann kann das soziale Leben in den Einrichtungen voraussichtlich wieder hochgefahren werden?

Keßler: „Zunächst brauchen wir ja eine zweite Impfung. Dann gilt es zu klären, wie neue Bewohnerinnen und Bewohner geimpft werden und wie die Zahl der geimpften Mitarbeiter noch erhöht werden kann. Wir hoffen aber, dass wir im Laufe des ersten Halbjahres peu à peu wieder mehr Gemeinschaft möglich machen können. Wie lange wir aber letztlich noch unter Corona-Schutzbedingungen arbeiten, ist nicht abzusehen. Daher werden die Maßnahmen zum Schutz der Bewohner, Besucher und Mitarbeiter weiter fortgeführt.“

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