Gemeinde Uellendahl-Ostersbaum Pfarrerin Verena Kroll: Im Einsatz zwischen zwei Welten
Wuppertal · Verena Kroll ist neue Pfarrerin der Gemeinde Uellendahl-Ostersbaum und der Bergischen Gehörlosengemeinde. Am Sonntag (27. Oktober 2024) wird sie um 14 Uhr in der Alten Kirche in Wuppertal-Langerfeld ordiniert.
In diesem Monat ist Verena Kroll als Pfarrerin in der Gemeinde Uellendahl-Ostersbaum gestartet. Mit ihrem Mann und zwei Kindern lebt sie jetzt im eigenen Pfarrhaus. Freunde besuchen sie, Gemeindemitglieder kommen gerne mal vorbei. „Ich bin hier mit offenen Armen aufgenommen worden und freue mich sehr auf die Gemeindearbeit“, sagt Verena Kroll. Oft geht es im Pfarrhaus laut und turbulent zu.
Doch manchmal ist es auch ungewöhnlich still. Dann wird in der Familie nur mit den Händen geredet, denn für ihre andere halbe Stelle als Pfarrerin der Bergischen Gehörlosengemeinde muss Verena Kroll die Gebärdensprache üben. „Meine Kinder machen begeistert mit und haben die Gebärden oft schneller gelernt als ich“, erzählt die 35-jährige Pfarrerin.
Vom „Babygebärden“ zur Gebärdensprache
Was auch daran liegen mag, dass Verena Kroll sie mit „Babygebärden“ großgezogen hat, einer sehr vereinfachten Gebärdensprache. „Ich finde es wichtig, dass sie sich auch ohne Worte gut verständigen und ihre Bedürfnisse ausdrücken können“, sagt sie. „Wer so groß wird, lernt laut Studien schneller sprechen, aber hat auch ein anderes Verständnis für Menschen, die das nicht können.“
Mit Gehörlosigkeit und Gebärdensprache kam sie das erste Mal bei einem Auslandsaufenthalt in den USA in Kontakt. „Ich hatte da einen gehörlosen Mitschüler in der Klasse und mich hat fasziniert, mit welcher Selbstverständlichkeit damit umgegangen wurde.“ Im Gegensatz zu Deutschland, wo die Gebärdensprache erst 2002 eingeführt wurde.
Später im Studium griff sie das Thema erneut auf und belegte einen Kurs für deutsche Gebärdensprache, in der sie allererste Grundlagen erlernte. Jetzt bekommt sie in Vorbereitung auf ihre neue Aufgabe als Gehörlosenpfarrerin Einzelunterricht. „Dass ich nun diese Stelle antreten darf, empfinde ich als ein Geschenk Gottes“, betont sie.
Die andere Welt der Gehörlosengemeinde
In der Gehörlosengemeinde, die etwa 200 Mitglieder aus den Kirchenkreisen Wuppertal, Niederberg und Düsseldorf-Mettmann hat, ist die Anwendung von Gebärdensprache bereits etabliert. „Meine Vorgängerin Karin Weber hat da tolle Arbeit geleistet“, erklärt Kroll. In den Gottesdiensten, verschiedenen Gruppen und Freizeiten wird gebärdet, aber auch in gemeinsamen Veranstaltungen mit der hörenden Gemeinde, sagt Kroll. „Oft braucht es zusätzlich noch eine Dolmetscherin, weil die deutsche Gebärdensprache eine ganz andere Grammatik hat und man nicht Laut- und Gebärdensprache gleichzeitig sprechen kann.“
Die Gehörlosengemeinde erlebt sie als aufgeschlossen und sehr geduldig, wenn sie mit ihnen noch sehr radebrechend gebärdet. „Viele sind dankbar, dass ich ihre Sprache spreche, denn das ist keineswegs selbstverständlich. Sie haben in ihrem Alltag häufig mit Ausgrenzung, Vorurteilen und Behördenbürokratie zu kämpfen, um Unterstützung im Alltag zu bekommen und die gewünschten Schul- und Ausbildungsplätze zu erhalten.“
Leben teilen, Inklusion fördern
Ihnen will Verena Kroll zur Seite stehen und dazu beitragen, dass die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft mitgedacht werden. Die Gemeinde habe dafür mit ihrem neu renovierten und komplett barrierefreie gestalteten Gemeindehaus am Röttgen ein starkes Zeichen gesetzt, betont sie.
Nach dem Verkauf der Philippuskirche nutzt sie die Räumlichkeiten nun gemeinsam mit der hörenden Gemeinde, die sie mit offenen Armen aufgenommen hat. „Ich finde es schön, dass ich beide Gemeinden begleiten kann“, sagt Verena Kroll. „Mit der hörenden Gemeinde teile ich einen Alltag, der mir vertraut ist, mit der gehörlosen Gemeinde erlebe ich eine andere Welt.“