Interview mit dem Wuppertaler Psychotherapeuten Dieter Marenz Smartphone Sucht: "Acht Prozent gefährdet"

Wuppertal · Smartphones gehören fast untrennbar zum Alltag von Kindern und Jugendlichen. Das birgt aber auch Gefahren. Vor allem, wenn Eltern mit der Handy-Erziehung überfordert sind. Dann hilft die Fachstelle für Suchtvorbeugung mit einer offenen Sprechstunde.

 Dieter Marenz ist Psychotherapeut und leitet die Wuppertaler Fachstelle für Suchtvorbeugung am Döppersberg.

Dieter Marenz ist Psychotherapeut und leitet die Wuppertaler Fachstelle für Suchtvorbeugung am Döppersberg.

Foto: Manfred Bube

Rundschau-Mitarbeiter Manfred Bube sprach mit Psychotherapeut Dieter Marenz, dem Leiter der Fachstelle.

Rundschau: Wie sehen die aktuellen Zahlen und Probleme aus?

Marenz: Laut einer kürzlich von der Landesanstalt für Medien (LfM) in Auftrag gegebenen Studie haben 64 Prozent der Acht- bis 14-Jährigen ein Smartphone, Tendenz steigend. Demgegenüber steht in vielen Familien eine Medienpädagogik, die sich vielleicht auf Verbote und Höchstgrenzen beschränkt, letztendlich aber keine aktive Erziehung im Umgang bietet.

Rundschau: Also werden Kinder und Jugendliche mehr oder weniger mit den Nutzungsdimensionen allein gelassen?

Marenz: Ja, wenn Eltern sich nicht wirklich mit den vielfältigen Möglichkeiten des Smartphones auskennen. Und ebenso, wenn die Beziehung zum Nachwuchs nicht stabil ist, also keine Interesse besteht.

Rundschau: Welche Folgen kann das haben?

Marenz: Auch wenn es noch keine anerkannte Krankheit gibt, die als Handy-Sucht bezeichnet wird, stuft Dr. Dorothèe Hefner von der Hochschule Hannover acht Prozent der genannten Altersgruppe als suchtgefährdet ein. Weiter berichtet die Wissenschaftlerin, dass zehn Prozent der jungen Nutzer Opfer von Cybermobbing geworden, vier bis sechs Prozent mit sexistischen Attacken konfrontiert wurden. Insgesamt kommt sie zu dem Ergebnis, dass der Umgang mit dem Smartphone bei 21 Prozent der Kinder und Jugendlichen als risikoreich eingestuft werden kann.

Rundschau: Welche Hilfe kann die Fachstelle für Suchtvorbeugung bieten?

Marenz: Wir können Eltern über technische Möglichkeiten, den Umgang mit Smartphones altersgerecht einzudämmen, informieren, aufzeigen, wo Kinder und Jugendliche Gefahr laufen, dass die Nutzung, die ja auch viele Vorteile mit sich bringt, in Bereiche vorstößt, die psychische Risiken bergen.

Rundschau: Grundsätzlich ist ein Smartphone für Grundschüler also okay?

Marenz: Ja, denn der Ausschluss aus solchen Kommunikationsprozessen kann zu Ausgrenzungen im Gruppengefüge führen, die negative Folgen für die individuelle Entwicklung mit sich bringen können. Wenn Eltern kompetent und verständnisvoll den Umgang begleiten, funktioniert in der Regel eine vernünftige Selbstregulierung der jungen Nutzer.

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