Reichsbürger Geist oder Astralwesen?

Wuppertal · Sie erkennen die Bundesrepublik nicht an und sprechen dem Grundgesetz, Behörden und Gerichten die Legitimität ab. Auch in Wuppertal sorgen sogenannte "Reichsbürger" immer wieder für Ärger. Denn sie weigern sich beharrlich, amtlichen Bescheiden zu folgen...

 Symbolfoto.

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Foto: Stadt Wuppertal

Klar, ihre Verschwörungstheorien sind so absurd, dass sie häufig etwas Amüsantes haben. Doch das Gedankengebäude der "Reichsbürger" — für die es keine allgemeingültige Definition gibt — ist düster, es besteht aus rechtsextremistischer, rassistischer und antisemitischer Ideologie, Verschwörungstheorien oder esoterischen Weltbildern. Und eines haben die Anhänger gemeinsam: Sie erkennen die Bundesrepublik Deutschland als Staat nicht an. Für sie besteht das Deutsche Reich bis heute fort. Mit der Konsequenz, dass sie die Legitimität von Grundgesetz, Behörden und Gerichten nicht anerkennen und deren Bescheide nicht akzeptieren.

"Ja, von Zeit zu Zeit kommt es an den Ämtern zu Konflikten mit 'Reichsbürgern'", sagt Stadt-Sprecherin Martina Eckermann. Vor allem beim Straßenverkehrs- oder Einwohnermeldeamt sei das vorprogrammiert. Denn häufig stellen sich die "Reichsbürger" ihre eigenen Ausweise und Führerscheine aus. "Es kommt immer mal wieder vor, dass sie daher ihre staatlichen Ausweise abgeben wollen", so Eckermann. "Am liebsten wollen sie mit einer Führungskraft sprechen, der sie die Dokumente dann vor die Füße werfen können." Manche forderten gar eine schriftliche "Entlassung aus der Bundesrepublik Deutschland".

Wer dann allerdings ohne gültige Papiere Auto fährt, macht sich natürlich strafbar. Das sei oft der Anfang einer langen juristischen Auseinandersetzung. "Auf solche Diskurse darf man sich gar nicht erst einlassen", betont Martina Eckermann. Und wenn es zu Drohungen und Beschimpfungen komme, gelte: "Freundlich und sachlich bleiben und im Zweifelsfall einen Kollegen dazu holen."

Auch die Polizei hat so ihre Erfahrung mit "Reichsbürgern" gemacht. "Wir bekommen regelmäßig Faxe", berichtet Kriminalhauptkommissarin Anja Meis. Darin gehe es um die kuriosesten Dinge. Angebliche Grundbuchauszüge aus der Vorkriegszeit etwa, mit denen die Anhänger Besitz deklarieren wollen — mit gefälschten Urkunden. "Darin steht etwas vom 'Präsidium des Deutschen Reiches' oder bezieht sich auf vollkommen erfundene Staaten, manchmal in altdeutscher Schrift", sagt Anja Meis. Viele Absender sind der Polizei bekannt. Insgesamt bewege sich die Zahl der Reichsbürger — so sie aufgefallen sind — im Bezirk Remscheid-Solingen-Wuppertal im mittleren zweistelligen Bereich. Meis: "In erster Linie sind sie verbal aggressiv. Die machen Probleme, aber nicht übermäßig."

Wegen so genannter Ordnungswidrigkeiten muss sich auch das Amtsgericht immer wieder mit "Reichsbürgern" befassen. "Diese Verfahren sind dann davon gekennzeichnet, dass es bereits vor den Verhandlungen eine Vielzahl schriftlicher Eingaben gibt, in denen grundsätzlich die Legitimation des Staates, des Richters und die Geltung der Gesetze bestritten wird", beschreibt Richterin Carmen Schlosser ihre Begegnungen mit "Reichsbürgern". Dies setze sich bis in die Verhandlungen fort — wenn der Betroffene überhaupt erscheine.

Ihr persönliches Highlight: Ein Beschuldigter in einer Geschwindigkeits-Ordnungswidrigkeitssache, der als "Selbstverwaltung" auftrat. "Er verlangte vor dem Termin von mir diverse eidesstattliche Versicherungen sowie das Ausfüllen von Fragebögen, in denen ich erklären sollte, wie meines Erachtens der Zweiten Weltkrieg beendet wurde und ob ich ein 'Geist, Astralwesen, natürliche Person, juristische Person oder Außerirdischer' bin."

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