Cybermobbing: Die "Täter" sitzen am Nachbartisch

Anfang 2014 erreichte das Cybermobbing in Wuppertal eine neue Dimension. In einer Facebook-Gruppe rief der Gründer dazu auf, Gerüchte über andere zu veröffentlichen. Jeder konnte anonym Dinge in die Welt setzen.

 Irmgard Stinzendörfer: Eltern sollten sich mehr kümmern.

Irmgard Stinzendörfer: Eltern sollten sich mehr kümmern.

Foto: Florian Schmitz

Innerhalb kurzer Zeit hatte die Gruppe 800 Mitglieder, zwei Ableger gründeten sich. Es gab zahlreiche Opfer.

Zum Beispiel zwei Schülerinnen aus Ronsdorf, über die Lügen verbreitet wurden. Als sie es mitbekamen, verweigerten sie, in die Schule zu gehen. Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft ermittelten, die Seiten wurden geschlossen — aber die Verursacher nie ausfindig gemacht.

"Diese Facebook-Gruppe war eine Vollkatastrophe", erinnert sich Irmgard Stinzendörfer. Die Sozialpädagogin ist beim städtischen Kinder- und Jugendschutz unter anderem für das Thema Cybermobbing verantwortlich. So wird es genannt, wenn Menschen per Internet oder Handy verunglimpft, beleidigt, bedroht oder belästigt werden. Heutzutage läuft das meistens über zwei Kanäle: Das Soziale Netzwerk Facebook und den Handy-Messenger WhatsApp.

Seit Jahren ist Irmgard Stinzendörfer im Bereich der Aufklärung und Prävention von Mobbing im Internet tätig. Unter anderem betreut sie das Projekt "Click it", ein Theaterstück, das Jahr für Jahr rund 2000 Kinder und Jugendliche, aber auch deren Eltern über die Gefahren des Internets aufklärt. Früher lag der Schwerpunkt darauf, vor fremden Tätern zu warnen. Heute geht es meist um Täter aus dem Umfeld. Also zum Beispiel den Mitschüler, der per Handy-Nachricht über andere herzieht. Oder die Facebook-Gruppe, in der unerwünschte Fotos gepostet werden.

Problematisch sind mehrere Dinge: Während Mobbing auf dem Schulhof nach dem Schulgong ein Ende hat, geht es im Internet 24 Stunden am Tag weiter. Texte oder Bilder verbreiten sich rasend schnell. Und das Internet vergisst nichts, einmal verschickte Inhalte sind schwer zu löschen.

"Kinder sollten sich überlegen, ob sie alles, was sie verschicken, auf einer großen Leinwand auf dem Schulhof zeigen würden", warnt Stinzendörfer. Und appelliert auch an die Erwachsenen. Bei 2000 Click-it-Zuschauern unter 18 finden sich zum Elternabend der Veranstaltung meist nur rund 80 Erwachsene ein. "Viele Eltern geben die Verantwortung, über Cybermobbing aufzuklären, gerne an die Schulen ab", sagt Stinzendörfer.

Um weiter aufzuklären, ist auch die Wuppertaler Polizei aktiv. Ralf Weidner von der Kriminalprävention besucht im Jahr rund 50 Klassen an 15 Schulen. Cybermobbing wird nicht statistisch erfasst, da es kein eigener Straftatbestand ist. "Vom Gefühl her ist es allerdings leider sehr weit verbreitet an den Schulen", sagt Weidner.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort