Corona-Beschlüsse Todtenhausen: „Für Existenzängste kein Gespür“
Wuppertal / Berlin · Als „gute Entscheidung für die Kinder, enttäuschend für die vielen Selbstständigen“ kommentiert der Wuppertaler FDP-Bundestagsabgeordnete Manfred Todtenhausen das Ergebnis der Ministerpräsidentenkonferenz.
Todtenhausen begrüßt die Einigung, im Betreuungs- und Bildungsbereich mit einer schrittweisen Öffnung zu beginnen: „Gerade Kinder und Jugendliche sind durch den Lockdown in ihrer Entwicklung besonders eingeschränkt und die Eltern durch Home-Schooling und vielfach auch Home-Office doppelt belastet. Es ist daher richtig, in NRW ab dem 22. Februar in den Wechselunterricht zu starten und bei einer Inzidenz unter 50 auch wieder in den Präsenzunterricht. Und ich hoffe darauf, dass das Bundesgesundheitsministerium die Erzieherinnen und Erzieher sowie die Lehrerinnen und Lehrer jetzt in der Impfreihenfolge tatsächlich früher berücksichtigt."
Für viele Selbstständige sehe er aber schwarz: „Wir haben diese Woche erst von den rheinischen IHKs gehört, dass viele Unternehmen aus Gastronomie, Einzelhandel, Veranstaltungsbranche oder den personenbezogenen Dienstleistungen wie Fitnessstudios oder Frisöre vor den Trümmern ihrer Existenz stehen. Und dass diese Unternehmen eine Perspektive brauchen, wann und unter welchen Auflagen ein Betrieb wieder möglich erscheint. Mit dem heute neu festgelegten Grenzwert für die 7-Tage-Inzidenz von 35 Fällen pro 100.000 Einwohner hat man die Unternehmer und ihre Angestellten einfach noch einmal um einen Monat vertröstet. Nicht wissend, ob die Politik dann zu einer Entscheidung bereit sein wird oder sich noch einmal erneut vertagen wird."
Die FDP habe, so Todtenhausen, für ein Ausstiegsszenario einen 7-Stufen-Plan vorgelegt, der den Unternehmen eine solche Perspektive biete und im Bundestag debattiert wurde. Der FDP-Plan zielt nicht nur auf den Inzidenz-Wert ab, sondern soll zusätzlich andere Kriterien wie die Auslastung der Intensivstationen vor Ort, die Kapazitäten der Gesundheitsämter oder die Dynamik der Entwicklung berücksichtigen. Auch verschiedene Bundesländer hatten entsprechende Vorschläge zur Ministerpräsidentenkonferenz vorgelegt.
„Besonders dramatisch wird diese Lockdown-Verlängerung für alle die Unternehmen, die bisher noch keine oder kaum finanzielle Hilfe erhalten haben“, so Todtenhausen. „Von der ,Bazooka' haben die meisten der eher kleinen Betriebe noch nichts gemerkt. Sie stehen vor den Scherben ihrer Existenz, haben ihre Rücklagen aufgebraucht und greifen jetzt ihre Altersvorsorge an. Wenn man die Menschen schon nicht arbeiten lässt, muss wenigstens die zugesagte Unterstützung funktionieren. Was Wirtschaftsminister Altmaier und Finanzminister Scholz hier bisher abliefern, ist skandalös.“
Immerhin gebe es einen kleinen Lichtblick, so Todtenhausen: „Nach langem Drängen auch der FDP und der Bundesländer hat es endlich eine Einigung zwischen dem Bundeswirtschafts- und dem Bundesfinanzministerium gegeben, was die Formalitäten betrifft. So kann ab sofort die Überbrückungshilfe III zumindest beantragt werden.“ Abschlagszahlungen seien für den Februar versprochen. Ein weiterer Lichtblick: „Die Friseure dürfen zum 1. März wieder öffnen. Das war mir persönlich auch ein Anliegen, dafür habe ich auch in unserem Fraktionsstufenplan gekämpft. Gleiches würde ich mir für kleine Nagelstudios wünschen, die gerade für ältere und kranke Menschen grundlegenden Körperpflege anbieten.“
Während es also auf Bundes- und Landesebene zumindest etwas Bewegung gäbe, sei Todtenhausen die Positionierung der Wuppertaler Stadtspitze hingegen unverständlich. Während Oberbürgermeister Prof. Uwe Schneidewind sich auf keine Position festlegen wolle, fordere Stadtdirektor Dr. Johannes Slawig einen möglichst knallharten Lockdown. Andere Stadtoberhäupter, wie die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker, hätten am Wochenende noch erklärt, dass den Gesundheitsämtern eine schnelle Nachverfolgung auch bei Inzidenzen über 50 mittlerweile möglich sei. „Für die Existenzängste vieler Menschen in unserer Stadt hat die Stadtspitze offensichtlich kein Gespür“, so Todtenhausen. „Wer soll in Zukunft die Gewerbesteuer zahlen, wenn es viele Unternehmen nicht mehr gibt?“