Wuppertaler wird Vizeweltmeister 3.000 Kilometer nur mit Sonnenkraft

Wuppertal · Es ist schon witzig: Ausgerechnet aus dem regenreichen Wuppertal kommt der Vizeweltmeister eines Solarwettbewerbes.

 Das Auto und seine Crew.

Das Auto und seine Crew.

Foto: Stefan Spychalski

Max Ringel ist der Jean Todt des Solar-Car-Teams der Hochschule Bochum. Ein Teamchef, der wie sein langjähriger Ferrari-"Kollege" erfolgreich auf Titeljagd gegangen ist: Bei der World Solar Challenge belegte die Mannschaft mit ihrem schnellen Gefährt in Australien den zweiten Platz.

In gewisser Weise hatte sich Ringel, der in Nächstebreck aufgewachsen ist, schon sein ganzes Leben auf diesen Moment auf dem Siegertreppchen in Adelaide vorbereitet: Einerseits wollte er immer schon unabhängig sein und die Welt zu bereisen, um seinen Horizont zu erweitern. So unternahm er bereits 2007 eine Sprachtour nach England und verbrachte von 2010 bis 2011 ein Jahr in den USA. Zudem interessierte er sich schon früh für Solartechnik und erneuerbare Energien.

Als Zehntklässler absolvierte er ein Praktikum im Bereich der Solarthermie. Nach dem Abitur, das er 2013 am Carl-Duisberg-Gymnasium gemacht hat, entschied er sich schließlich, an der Hochschule Bochum Wirtschaftsingenieurwesen zu studieren. Während des zweiten Semesters begann er neben dem Studium bei SolarCar zu arbeiten — dem Solarauto-Projekt der Hochschule

 Max Ringel aus Nächstebreck: Internationaler Solartechnik-Experte.

Max Ringel aus Nächstebreck: Internationaler Solartechnik-Experte.

Foto: Stefan Spychalski

Bochum. Ihm war es dabei besonders wichtig, praktische Erfahrungen zu sammeln: "Ich wollte aus dem Studium nicht nur mit einem Blatt Papier herausgehen. Ich wollte auch etwas machen, was man vorzeigen kann, worauf ich stolz sein kann", blickt er zurück.

Bis Dezember 2015 stieg der zielstrebige Ringel bei SolarCar zum Teamleiter auf. Er ist überzeugt, dass es wichtig sei, "immer den Team-Gedanken im Vordergrund" zu behalten. Sein Team, das er gemeinsam mit seiner Kollegin Carina Heyer leitet, besteht aus etwa 60 Studierenden und ist unter anderem mit Architekten, Informatikern, Elektrotechnikern, aber auch Biologen und Anglisten bemerkenswert interdisziplinär aufgestellt: "Wir haben es geschafft, alle Fachbereiche unserer Hochschule mit einzubinden", berichtet er stolz. Das habe den Vorteil, dass auch "abwegige Gedanken, auf die ein normaler Ingenieur nicht kommt", eingebracht werden können. Solcher Input sei oft besonders hilfreich.

Gemeinsam mit diesem Team arbeitete er seit 2016 am "thyssenkrupp blue.cruiser": Das Auto sollte nur mit Sonnenkraft fahren können. Zugleich sollte es als Fahrzeug der Cruiser-Klasse alltagstauglich sein. So verfügt es über vier Sitze, einen Allradantrieb und auch eine Straßenzulassung. Grundsätzlich, so Ringel, sei seinem Team Nachhaltigkeit "sehr wichtig". So wurden der Rahmen und die Felgen des Autos aus Stahl, statt aus Karbon und Aluminium gefertigt, was umweltfreundlicher sei — und im Innenraum Leinen verwendet. Ringel spricht von einem "ethischen Aspekt der Nachhaltigkeit". Aus diesem Grund sei bewusst kein Tierleder verwendet worden. Stattdessen habe man "Ananasleder" verwendet, das aus den Blättern der Ananas hergestellt wird, die normalerweise weggeworfen werden.

 Unterwegs bei besten Bedingungen.

Unterwegs bei besten Bedingungen.

Foto: Stefan Spychalski

Seine Alltagstauglichkeit bewies der Blue Cruiser vom 8. bis zum 15. Oktober bei der World Solar Challenge. Es galt, etwa 3.000 Kilometer von Darwin (Nordaustralien) bis nach Adelaide (Südaustralien) zurückzulegen. Dabei ging es in dieser Klasse nicht darum, als Erste im Ziel anzukommen, sondern vor allem darum, die Strecke mit der größten Energieeffizienz zurückzulegen. Diese Wertung macht alleine 80 Prozent des Endergebnisses aus.

Obwohl Ringel als Teamleiter das Auto nicht selbst gesteuert hat, sondern in einem Begleitfahrzeug hinterher gefahren ist, war das Rennen sehr stressig für ihn: "Man hat nie Feierabend und ist immer in seiner Rolle". Dennoch machte er am Rande der Fahrt quer durch den australischen Kontinent auch Erfahrungen, die ihn schwer beeindruckten: "Man bekommt im Outback ein Gefühl dafür, wie groß dieses Land ist", sagt er und berichtet von unglaublicher Weite, rotem Sand und klarem Sternenhimmel. Sogar einen Kometen habe er erblicken können. Immer wieder querten Kängurus die Straßen, etliche wurden allerdings auch von Lkw totgefahren. Auch die extrem giftigen Rotrückenspinnen sind ihm häufig begegnet — zum Glück waren sie eher scheu als aggressiv.

Am Ende des Rennens erreichten nur drei der 13 angetretenen Teams rechtzeitig das Ziel in Adelaide. Für das Bochumer Team reichte es für einen starken zweiten Platz hinter dem Team aus Eindhoven. Ringel stellt klar, dass ein Sieg letztendlich auch nicht das Ziel seines Teams gewesen sei: "Wir wollten kein Auto auf Sieg bauen. Wir sind unserer Philosophie treu geblieben und haben innovative Dinge implementiert. Damit haben wir unsere selbst gesetzten Ziele erreicht."

Momentan entspannt Max Ringel, der mittlerweile sein Studium mit dem Bachelor abgeschlossen hat, beim Urlaub in Neuseeland. Im Anschluss daran möchte er noch einen Work&Travel-Aufenthalt in Australien folgen lassen und erst im Frühling nach Wuppertal zurückkehren. Danach zieht es ihn — natürlich — wieder in die Ferne: Das Masterstudium möchte er gerne in Miami, der Schweiz oder in Hamburg in Angriff nehmen.

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