Modellprojekt in Wuppertal Kampf gegen organisierten Sozialhilfemissbrauch

Wuppertal · In Wuppertal ist eine erste Bilanz des Modellprojekts „MISSIMO“ gezogen worden. Dessen Ziel ist es, Sozialleistungsmissbrauch aufzudecken. Zu diesem Zweck waren vom 23. Mai bis 10. Juni 2022 insgesamt 171 Objekte durch die Wuppertaler Polizei als so genanntes „sehendes Auge vor Ort“ überprüft worden.

 Symbolbild.

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Foto: Pixabay

„Die Anzahl der Kinder ohne Kindergeldanspruch sowie die Schadenshöhe können noch nicht beziffert werden. Der Schaden beläuft sich aber voraussichtlich auf einen sechsstelligen Betrag. Derzeit wird der Kindergeldanspruch von etwa 100 Kindern geprüft“, hieß es am Dienstag (19. Juli 2022). In 90 Fällen bestehe „kommunaler Handlungsbedarf“. 29 Familien müssen mit Folgeprüfungen durch das Jobcenter rechnen.

Die Maßnahmen richteten sich laut Polizei und Stadtverwaltung „gegen Tätergruppierungen, die vorrangig kinderreiche Familien, hauptsächlich aus Südosteuropa und den Balkanstaaten, mit falschen Versprechen nach Deutschland lotsen, für sie Sozialleistungen (vor allem Kindergeld) beantragen und sie in mitunter menschenunwürdigen Unterkünften wohnen lassen. Die Familien leben häufig in unzumutbaren Verhältnissen, die sie nicht selbst zu verantworten haben.“

In vielen Fällen würden die Familienmitglieder „zu weiteren Straftaten animiert, wie zum Beispiel die Aufnahme von illegalen Beschäftigungen. Reisen die Familien in ihre Heimat zurück, so fließen die Sozialleistungen, insbesondere Kindergeld, teilweise bis zum 18. Lebensjahr – rechtswidrig – weiter. Oft besteht zudem der Verdacht, dass die Sozialleistungen nicht tatsächlich bei den bedürftigen Familien ankommen, sondern von den Hintermännern einbehalten werden.“

Keineswegs gehe es im Projekt darum, „Menschen ihre rechtmäßigen Leistungen vorzuenthalten. Das Projekt soll vielmehr Kriminalität aufdecken, welche die Armut und Nöte von Menschen ausnutzt. Durch den präventiven und öffentlichkeitswirksamen Ansatz sollen gleichzeitig derartige Straftaten in der Zukunft verhindert werden.“

„Die Ergebnisse machen mehr als deutlich, wie wichtig und unerlässlich solche gemeinsamen Initiativen sind“, so Wuppertals Stadtdirektor Dr. Johannes Slawig. „Ich danke der Polizei und der Familienkasse für die gute, vertrauensvolle Zusammenarbeit. Die Stadt Wuppertal wird das Projekt auch in Zukunft engagiert mittragen.“

 Wuppertals Stadtkämmerer Dr. Johannes Slawig.

Wuppertals Stadtkämmerer Dr. Johannes Slawig.

Foto: Christoph Petersen

Der Mehrwert für die Stadt und die Gesellschaft nach dem Projekt sei groß. „Neben der Verhinderung von weiteren finanziellen Schäden bei teils bereits langfristig ausgereisten Familien oder Schwarzarbeit, Verstößen gegen das Melderecht und teils erheblichen baulichen Problemen in Schrottimmobilien, wurden im Rahmen der Durchführung von MISSIMO Probleme im sozialen oder integrativen Bereich festgestellt. Auch die müssen nun angegangen werden“, heißt es in der gemeinsamen Stellungnahme von Polizei und Stadt.

Das Projekt wurde von der „Task Force NRW“ mit Sitz im Landeskriminalamt entwickelt. Im Mittelpunkt steht eine behördenübergreifende Zusammenarbeit zwischen der Familienkasse NRW West, der „Task Force NRW“, verschiedenen kommunalen Behörden wie dem Einwohnermeldeamt, dem Gesundheitsamt sowie den Schulen, dem Jobcenter und der Polizei. „Die Ergebnisse zeigen, dass auch in Wuppertal das Projekt erfolgreich verlaufen ist. Die hierdurch verbesserte Zusammenarbeit der einzelnen Behörden unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Vorschriften wird zukünftig intensiviert. Die Verstetigung der Prüfungen ist geplant.“

Nach dem ersten Durchlauf des Modellprojektes in Krefeld hatte Innenminister Herbert Reul im Dezember 2019 angekündigt: „Die Zeiten, in denen skrupellose Kriminelle die Naivität und Gutgläubigkeit des deutschen Sozialstaates ausnutzen konnten, sind endgültig vorbei.“

Wuppertal ist nach Krefeld und Gelsenkirchen (Februar 2020) die dritte Kommune, die das Modellprojekt umsetzt.

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