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Kommentar zur Aufregung um das Autonome Zentrum: So bekommt man keine Kuh vom Eis

Kommentar zur Aufregung um das Autonome Zentrum : So bekommt man keine Kuh vom Eis

Anschläge auf Büros demokratischer Parteien sind Straftaten. Dass bestimmte Details der neuen Flüchtlingspolitik, wie sie die Große Koalition in Berlin vereinbart hat, ganz links Positionierten (und nicht nur denen!

) nicht gefallen, ist klar. Deswegen Scheiben einzuwerfen sowie SPD, CDU und FDP Rassismus & Co. vorzuwerfen, geht weit über anständige politische Auseinandersetzung hinaus.

Wenn die Angriffe auf die drei Parteibüros auf das Konto der linken Autonomen gehen (sehr vieles spricht dafür), dann gilt: selten dämlich.
Bewirkt wird damit nichts, geholfen ist niemandem. Kein Flüchtling kommt deswegen schneller in Sicherheit, kein Flüchtling, der es schon hierher geschafft hat, kann dadurch auf verbesserten Familiennachzug hoffen. Sicher ist nur: Das ruft geharnischten Widerstand hervor. Sozusagen "Gegengewalt" — hier in Form der FDP- und CDU-Forderung, das Autonome Zentrum (AZ) müsse auf den kommunalen Prüfstand. Um diese Position zu formulieren, haben FDP-Chef Marcel Hafke und CDU-Chef Rainer Spiecker bei der Vier-Parteien-Pressekonferenz am Donnerstag nur eine Viertelstunde gebraucht.

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Bewirken wird auch das nichts, helfen wird es niemandem. Die linksautonome Szene, zu der kommunikativ-konstruktiven Kontakt aufzunehmen quasi unmöglich ist (die Rundschau hat es in der Vergangenheit mehrfach versucht), wird weiterhin unter sich bleiben — und für den Fall, dass ihr "ihr" AZ genommen oder beschnitten werden sollte, in den Untergrund abtauchen. Klingt verwegen, ist aber so gemeint.


Bei besagter Pressekonferenz blieben die, die zu Ruhe und Besonnenheit mahnten — sprich Grüne und SPD — blass. Die Linke war nicht dabei, weil verhindert. Ganz schlecht gelaufen.
Und jetzt? Anstatt Strafbarkeit, Sinnlosigkeit und Verbohrtheit solcher Anschläge auf Parteibüros klar zu benennen, die Polizei das Ganze ausermitteln zu lassen, ansonsten aber nach dem Motto "Was kümmert's die Eiche, wenn sich wer an ihr schubbert?" zu verfahren, haben CDU und FDP Maximalpositionen öffentlich gemacht. Gegen eine politische Gruppierung, die einen minimalsten Prozentsatz in Wuppertal ausmacht. Eine politische Gruppierung übrigens, deren stets schnelle und verlässliche Positionierung gegen Rechtsextreme und deren Anmeldung von Gegendemonstrationen man immer gern "mitgenommen" hat, wenn das "bürgerliche Lager" wieder mal nicht in die Gänge kam.


Es ist in Deutschland hochgradig selten, dass eine Kommune ein Autonomes Zentrum nicht nur duldet, sondern auch stückweise unterstützt, ihm quasi eine Existenzgarantie gibt. Das ist in Wuppertal schon lange so — beispielsweise auch unter CDU-OB Peter Jung.
Was tun? Das AZ muss sich öffnen, die Parteien müssen flexibel bleiben. Sieht aber nicht so aus, als könnte das klappen. Im Moment läuft alles auf Konfrontation zu — siehe "Autonomer 1. Mai".


Was man außerdem hätte voraussehen können: Kaum haben sich SPD, CDU und FDP öffentlich entrüstet, meldet sich die AfD zu Wort. Sie solidarisiert sich ganz nonchalant mit denen, die sie sonst immer als "Altparteien" beschimpft — und quengelt, warum niemand protestiert habe, als die Autonomen ihr Büro beschädigt haben. Muss man der AfD solch eine Steilvorlage liefern? Nein, das muss man nicht. Das muss man sogar unbedingt vermeiden.


Meine Meinung: Mit Pressemitteilungen protestieren, die Polizei auf die Sache ansetzen, und inoffizielle Wege suchen, wie man offenbar zu heiß gewordene Kühe wieder vom Eis bekommt — das wäre klüger gewesen. Mit dem, was sich jetzt andeutet, wird nichts bewirkt — und niemandem ist geholfen.