Wuppertaler Einwohnermeldeamt Nächtliche Terminjagd auf der Stadt-Homepage

Deutlich mehr Fälle als prognostiziert und Personalprobleme sorgen im Wuppertaler Einwohnermeldeamt wieder für Engpässe. Freie Termine zu finden scheint derzeit Glückssache.

Dieser Anblick bietet sich auf der Homepage der Stadt derzeit nahezu durchgängig allen Wuppertalern, die auf der Suche nach freien Terminen für Meldeangelegenheiten sind.

Foto: Screenshot: www.wuppertal.de​

Nachdem es im Zuge der Neuorganisation längere Zeit ruhig geworden war rund um das Thema Einwohnermeldeamt, häuften sich zuletzt wieder Beschwerden von Rundschau-Lesern, die sich vergeblich um Termine für die Ausstellung neuer Personalausweise oder Pässe, Ummeldungen oder ähnliche Angelegenheiten bemüht hatten.

„Meine Mutter ist wieder bei uns eingezogen, jetzt muss sie sich innerhalb von 14 Tagen ummelden, aber mir wird seit zwei Wochen kein freier Termin angezeigt“, so einer der Anrufer mit Blick auf die Homepage der Stadt. Auf der kann man Termine beim Einwohnermeldeamt oder den Bürgerbüros buchen - theoretisch. Praktisch ist das derzeit extrem schwierig. „An der Hotline hat man mir den Geheimtipp gegeben, es mal mitten in der Nacht zu versuchen. Das kann doch nicht ernst gemeint sein“, so eine weitere Leserstimme.

Ist es aber offensichtlich doch. Die Rundschau hat zwei Wochen lang die Probe aufs Exempel gemacht. Ergebnis: Von Montag, 20. Juni, bis einschließlich Donnerstag, 23. Juni, tauchten trotz teilweise vier- bis fünffacher täglicher Versuche zu üblichen Zeiten keinerlei Termine wo auch immer auf. Freitags überraschte das System dann morgens plötzlich mit mehr als 80 freien Terminen in Barmen, Ronsdorf und Vohwinkel. Die waren ruckzuck vergeben. Neue tauchten in der Woche danach tagsüber bei keinem weiteren Versuch mehr auf.

Donnerstagabend erinnern wir uns an den Geheimtipp und entdecken Freitag kurz nach Mitternacht tatsächlich rund 150 Terminangebote. Von denen ist morgens um 7 Uhr kein einziger mehr übrig - 150 Wuppertaler müssen also in ihrem Ringen um Termine Nachtarbeit gemacht haben. Ob sich dieser Termin-Vampirismus täglich oder nur freitags abspielt? Wenn wir eher darauf gekommen wären, hätten wir uns probehalber noch eine Nacht um die Ohren geschlagen ...

Laut Stadtsprecherin Ulrike Schmidt-Keßler kommen bei der aktuellen Situation mehrere Probleme zusammen. Im Vordergrund steht dabei die Personallage: „Wenn wir das seit Anfang des Jahres versprochene Personal eingestellt und ausgebildet haben, können wir wieder mehr Termine anbieten. Die Einstellung von neuem Personal hängt auch davon ab, wie der Stadtrat im September den Haushalt und damit auch den Stellenplan für 2022 beschließt. Erste Kräfte für seit März vakante Stellen wurden im Juni ausgewählt und werden derzeit eingestellt und eingearbeitet.“

Außerdem seien die Planungen der Stadt im Hinblick auf das Besucheraufkommen, die sich an den Erfahrungswerten aus den Vorjahren orientierten, deutlich überschritten worden. „Ein Beschleuniger sind dabei die Flüchtlinge aus der Ukraine im Meldewesen, ein weiterer Grund die verstärkte Reisetätigkeit mit Nachfrage nach Dokumenten“, so Schmidt-Keßler. In Zahlen ausgedrückt stellt sich das so dar: Statt prognostizierten 23.894 Frontgeschäften im Mai hatte es die Verwaltung tatsächlich mit 27.641 zu tun. Im April war diese Diskrepanz ähnlich, im März lag sie sogar bei fast 6.000 Fällen mehr als erwartet.

Dennoch bezeichnet die Stadt die aktuelle Beschwerdelage als „ruhig bis mittel“. Schmidt-Keßler: „Die Bürger finden im Regelfall einen Termin.“ Das stellte sich im Rundschau-Test allerdings etwas anders dar.

In Wuppertals Nachbarschaft wird die Termin-Thematik übrigens anders gehandhabt. Dort zeigen die Meldeämter langfristige Kalender mit Termin-Buchungsmöglichkeiten an. In Solingen waren Stand 22. Juni noch Termine im selben Monat buchbar, in Remscheid gab es reichlich Auswahl im Juli, in Köln im August. Das ist nicht schnell, erspart Bürgern aber den täglichen Klick-Marathon.

Wuppertal arbeitet dagegen laut Verwaltung aktuell nur mit einem Terminvorlauf von sieben bis neun Tagen. Grund dafür sei die Tatsache, dass in der Vergangenheit viele langfristig vergebene Termine ohne Absage nicht wahrgenommen worden seien.