Neues Stück im K4-Theater Wer bewegt die Figuren?

Wuppertal · Künstliches Fleisch und künstliche Intelligenz sowie vier Wissenschaftler, die das Fleisch vermarkten und die KI füttern sollen: Das ist der Stoff, aus dem moderne Theaterstücke sind.

Julia Kretschmer, Mona und Kris Köhler sowie Niklas Peternek erleben in "Das Haus auf Monkey Island" psychologisch sehr nachdenklich stimmende Dinge.

Julia Kretschmer, Mona und Kris Köhler sowie Niklas Peternek erleben in "Das Haus auf Monkey Island" psychologisch sehr nachdenklich stimmende Dinge.

Foto: Robert Hüsch

„Das Haus auf Monkey Island“ von Rebekka Kricheldorf aus dem Jahr 2019 feierte jetzt im K4-Theater Premiere. Noch haben es nur ganz wenige Theater aufgeführt, was sicherlich am teils schwer verdaulichen Inhalt liegt. „Das Haus auf Monkey Island“ soll eine tragisch-komödiantische Vision sein, aber es ist ein Lehrstück über die fragwürdige Technik der heutigen Zeit. Die Handlung stimmt nachdenklich und trotz einer Prise Humor gibt es kein glückliches Ende, sondern ein besorgniserregendes.

Julia Kretschmer, Mona und Kris Köhler (der auch Regie geführt hat) sowie Niklas Peternek spielten in der Premiere die vier Fachleute aus Neurologie, Psychologie, Marketing und Soziologie, die Fleisch aus dem Reagenzglas vermarkten sollen. Abgeschottet von der Welt sollen sie gemeinsam ein Konzept entwickeln, wie das sehr teure Produkt den Menschen schmackhaft gemacht werden kann – Manipulation und Fehlinterpretation von Fakten inklusive. Dafür wohnen die Vier auf einer einsamen, traumschönen Pazifikinsel, wo ihnen auf merkwürdige Weise alle Wünsche erfüllt werden.

Alles spielt in der Küche und dem Meeting-Raum (Bühnenbild und Dekoration: Mona Köhler) des Traumhauses. Hier findet die vormals ess-brechsüchtige Ann plötzlich ihre früheren Lieblingschips, während Kristina ihren Lieblingswein entdeckt. Die Männer erhalten per Radio und Fernsehen ungewollt ihre Lieblingsfilme und -musik präsentiert, während Kristinas Dusche ihr Lieblingsgedicht rezitiert. Die Figuren verändern sich im Lauf der zweieinhalb Stunden (mit Pause) zusehends.

Kris Köhlers André, ein scheinbar selbstbewusster Marketing-Guru, verfällt immer mehr in Selbstmitleid. Die Verwandlung ist schauspielerisch sehr gut umgesetzt: erst Prahlerei, dann Panik, große Gefühle. Die anderen verändern sich ebenfalls, innerlich und äußerlich. Die persönliche Kleidung wird bei allen durch graue Jogginganzüge und weiße T-Shirts abgelöst. Die Motivation für den Arbeitsauftrag weicht immer mehr Angst und Ärger.

Die treppenförmige Bühne hat ein Schachbrettmuster, Sinnbild dafür, dass auch die, die fürs Manipulieren bezahlt werden, nur Schachfiguren sind, die ein anderer bewegt. Aber wer? Warum kennt er sie so gut und welche Rolle spielt künstliche Intelligenz dabei? Das Publikum bekommt einen Blick hinter die Kulissen der Werbung, aber auch der Möglichkeiten von KI.

Das tolle Ensemble präsentierte das intellektuell anspruchsvolle, dennoch kurzweilige Stück mit Humor und Tiefgang. Wie beeindruckt und gleichzeitig nachdenklich die Gäste waren, zeigte sich im Nachgang der Vorstellung, als viele den Schauspielern ihre Eindrücke mitteilten. Fazit: Lohnt sich, empfehlenswert ab 16 Jahren.

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