Kindernotaufnahme schlägt Alarm

Wuppertal · Bei der städtischen Kindernotaufnahme am Eckbusch wird es eng. Grund ist die immer längere Verweildauer der Kinder in dieser Einrichtung, die eingeschränkte Kapazität und das Fehlen von Pflegefamilien.

Rund um die Uhr steht die Kindernotaufnahme bereit, um Kids in schwierigen Situationen ein sicheres Zuhause auf Zeit zu bieten. Vollbelegung ist an der Tagesordnung. Oft müssen Kinder mittlerweile in anderen Städten untergebracht werden, da man am Eckbusch die Kapazitätsgrenze, die nur nachts und an Wochenenden überschritten werden darf, erreicht hat.

"Unsere Klientel hat sich in den letzten Jahren verändert. Hat man früher nur das Kind, das offensichtlich misshandelt wurde, aus der Familie herausgenommen, sieht man heute die Familie als Gesamtsystem, nimmt alle Kinder in Obhut. So kommt es vor, dass von sieben Plätzen in einer Gruppe fünf von Kindern aus nur einer Familie belegt sind", berichtet Guido Faulenbach, Leiter der Kindernothilfe.

So rückt das Ziel, die Kinder nur kurze Zeit in der Notaufnahme zu versorgen, in weite Ferne. "Kein Kind unter sechs Jahren soll in der Heimerziehung landen, sondern ein neues Zuhause in einer Pflegefamilie finden. Aber wir bemühen uns, Geschwister nicht auseinanderzureißen. Aber wo kann ich schon fünf Kinder auf einen Schlag unterbringen? Außerdem haben wir viel zu wenig Menschen, die bereit sind, ein Kind, das oftmals ein Problemkind ist, in ihre Familie aufzunehmen. Das macht uns große Sorgen", beschreibt der erfahrene Sozialarbeiter die Probleme.

Dazu kommen in jüngster Zeit unbegleitete Flüchtlingskinder — nicht etwa Jugendliche, sondern Kleine im Alter von drei bis sechs Jahren. "Diese Kinder haben auf der Flucht ihre Eltern verloren, sind doppelt traumatisiert — Fluchterfahrung und der Verlust der Familie — dann haben sie bei anderen Flüchtlingen vorübergehend Geborgenheit gefunden, werden aufgrund der Gesetzeslage aber wieder von diesen Menschen und damit auch von ihrer Sprache getrennt und landen bei uns", berichtet Faulenbach.

Doch das größte Problem der Kindernotaufnahme bleibt die immer längere Verweildauer. "Was als Akuthilfe im Krisenfall gedacht war, ist zum Dauerzustand geworden: "So blieb ein kleiner Mensch 18 Monate bei uns, lernte 45 Mitarbeiter und rund 90 andere Kinder hier kennen, weil die Mutter eine Unterschrift verweigerte, um ihren Sohn in einer Pflegefamilie unterbringen zu können. Dadurch schrumpfen die Perspektiven für dieses Kind erheblich", sagt Faulenbach. Kein Einzelfall, denn auch richterliche Entscheidungen dauern heute viel länger als noch vor einigen Jahren, weil immer mehr Gutachten verlangt werden.

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