Leserbrief „Thema verfehlt! Wuppertal hat Besseres verdient“

Wuppertak · Betr.: Kommentar zum Engels-Haus-Besucherzentrum, Rundschau vom 20. April 2024

Der Kubus zwischen Museum und Engels-Haus.

Der Kubus zwischen Museum und Engels-Haus.

Foto: Stadt Wuppertal

Zu einer Architekturkritik gehören neben den lobenden Kommentaren auch die gegenteiligen Stimmen. Herr Seitz äußert sich sehr euphorisch zum neuen Engels-Haus-Besucherzentrum und attestiert dem von der Öffentlichkeit „immer wieder“ geprügelten Gebäudemanagement (GMW) einen „sehr gut gelungenen“ Bau, lässt aber auch die Motz-Leserbriefe zur Zeit des Rohbaus nicht unerwähnt.

In der Architektur geht es genauso wie in der Literatur eben auch um das subjektive Empfinden und trotzdem gibt es objektive Kriterien, warum etwas gelungen ist oder eben nicht. Dazu ein Beispiel:

Vor der gleichen Aufgabe wie das Gebäudemanagement standen vor Jahren die Pariser Architekten, als sie einen leistungsfähigen, neuen Eingang für den Louvre schaffen wollten. Von Beginn an war klar, dass die Eigenständigkeit des Louvre, sowohl in der Kubatur als auch im Baustil, nicht angetastet werden durfte. Die Lösung war die heute allseits bekannte gläserne Pyramide.

Die internationale Fachwelt der Architektur war begeistert! Die Pyramide setzte dem pompösen Louvre einen lichtdurchfluteten Glaskörper in Leichtbaukonstruktion entgegen, der ihm jedoch nicht zu Leibe rückte, sondern ausreichend Abstand hielt. Der Blick auf den Louvre war dank der idealen Form der Pyramide trotzdem von allen Seiten unverstellt möglich.

Nun erwartet vom Gebäudemanagement niemand, dass dieses ähnlich geniale Ideen fabriziert. Aber von einigen Grundgedanken hätte es sich doch leiten lassen können. Das Engels-Haus ist ein Patrizierbau des Bergischen Barock, das Museum für Frühindustrialisierung ein Industriebau, teilweise in der damals üblichen Backsteinbauweise. Beide haben schon aus der Historie heraus eine Eigenständigkeit verdient. Wenn ein Baudenkmal wirken soll, so muss es alleine stehen. Bestes Negativbeispiel ist die Cleff’sche Kornmühle in Unterbarmen, die als Location unter anderem nicht funktioniert wegen ihres scheußlichen Nachbarn, einem Hochregallager.

Wenn man nun schon Baudenkmäler einer notwendigen Verbindung wegen antasten muss, so darf dies nur mit äußerster Zurückhaltung geschehen, sprich: mit einer neutralen Glaskonstruktion. Stattdessen entschied man sich für einen massiven Betonquader über drei Geschosse, der nun beiden Altbauten bis auf einen Abstand von drei Metern zu Leibe rückt, diese fast erschlägt, woran auch die Glasfenster im Erdgeschoss nichts ändern können, genauso wenig wie die aus Metall gewebten Sonnenschutzbahnen vor der Fassade.

Dafür ist man nun stolz, in dem voluminösen Bau einen „zeitgemäßen 100-Personen-Veranstaltungsraum“ geschaffen zu haben.

Hätte das Gebäudemanagement sich nur ein bisschen am Louvre orientiert, so hätte man auch einen eingeschossigen, vollverglasten Flachbau wählen können mit dezentem schmalem Zugang zu den beiden Altbauten, sodass ab dem ersten Stock das Engels-Haus und das Museum wieder frei sichtbar gewesen wären. Was hätte dagegengesprochen, analog zum Louvre den Veranstaltungsraum, WCs und Schließfächer im Untergeschoss unterzubringen?

Wäre die Aufgabe des GMW zur Planung eines Eingangs ein Aufsatz, so müsste man sagen: Thema verfehlt! Wuppertal hat Besseres verdient.

Falk Andreas Funke
Bernd Böker

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