Handball-Bundesliga: Bergischer HC Die kleine Regel-Revolution

Wuppertal / Solingen · Bei den Olympischen Spielen sind sie gerade live und in Farbe zu sehen: Die seit 1. Juli 2016 geltenden neuen Handball-Regeln, auf die sich auch Bundesligist BHC und seine Fans einstellen müssen. Hier sind die wichtigsten Änderungen.

 Schön aufgepasst: Das BHC-Team bei der Regelschulung mit dem Bundesliga-Schiedsrichtergespann Peter Behrens und Marc Fasthoff (hinten außen).

Schön aufgepasst: Das BHC-Team bei der Regelschulung mit dem Bundesliga-Schiedsrichtergespann Peter Behrens und Marc Fasthoff (hinten außen).

Foto: Rundschau

Da saßen sie vorige Woche ein bisschen wie auf der Schulbank: Die Handballprofis des BHC bei der Regelkunde mit dem Bundesliga-Schiedsrichtergespann Peter Behrens und Marc Fasthoff. Im Fokus: sechs neue Bestimmungen und deren Auslegung, die in der kommenden Spielzeit für alle Ligen gelten. Rückfragen speziell vom gut vorbereitete BHC-Coach Sebastian Hinze machten dabei klar, dass es in der Praxis noch einige Diskussionen geben dürfte.

Sicherlich nicht um Änderung Nummer eins: Bei einer Disqualifikation können die Schiedsrichter demnächst zusätzlich zur roten auch noch eine blaue Karte ziehen. Damit wird angezeigt, dass es sich um eine rote Karte mit Bericht handelt, die in der Regel eine Sperre nach sich zieht. Hier geht's lediglich um mehr Transparenz für Zuschauer und Medien.

Ebenfalls in Grenzen halten dürfte sich die Neuerung beim Thema passives Spiel: Maximal sechs Pässe sind jetzt noch erlaubt, wenn der Arm der Schiedsrichter hoch geht. Aber: Bei Spielverzögerung ohne erkennbaren Angriffswillen wird weiterhin auch vorher abgepfiffen. "In der Rückrunde haben wir es keinmal bis zum sechsten Pass geschafft", sieht auch Hinze diese Regel eher akademisch. "Wir dürfen in diesen Situationen dann nicht vergessen, das Spiel zu beobachten, weil wir mit Zählen beschäftigt", sieht Marc Fasthoff eher ein Problem für die Schiedsrichter.

Mehr Gerechtigkeit bringen soll die modifizierte Regel für die Schlussminute. In der gelten künftig nicht mehr während der letzten 60, sondern während der letzten 30 Sekunden weiter modifizierte Sonderbestimmungen: Begeht ein Abwehrspieler dann eine grobe Regelwidrigkeit oder unterbindet regelwidrig eine Wurfausführung (Anwurf, Abwurf, Freiwurf, Einwurf), erhält er nun eine rote Karte ohne Bericht — und die andere Mannschaft automatisch einen Siebenmeter.

Die auch bei Olympia sichtbarste Regeländerung betrifft den für den Torwart eingewechselten zusätzlichen Feldspieler. Der musste bisher ein Leibchen tragen, nur er durfte dann auch den Torraum betreten und nur er durfte wieder gegen den Keeper ausgewechselt werden. Diese Option gibt es zwar weiterhin, jetzt kann der Keeper aber auch für einen Feldspieler ohne Leibchen kommen und dann für einen beliebigen Feldspieler wieder eingewechselt werden. Unterschied hier: Kein Spieler darf als Ersatz für den Torwart beim Gegenangriff in den Kasten eilen. In Rio genau wie in der BHC-Vorbereitung hat sich diese Variante trotzdem als regelmäßiges Stilmittel nicht nur bei Unterzahl schon blitzschnell etabliert. Treffer ins leere Tor sind damit an der Tagesordnung.

Das wohl heißeste Regel-Eisen könnte in der Praxis die neue Bestimmung für verletzte Spieler werden. Sie wurde eingeführt, um gelegentliche vorkommende Schauspieleinlagen zu verhindern, mit denen ein Spieler nach Ballverlust den Gegenangriff unterbinden will. Ab jetzt gilt: Lässt sich ein Spieler auf dem Feld behandeln, muss er während der nächsten drei Angriffe seiner Mannschaft draußen bleiben. Ausnahme: Kopftreffer beim Torwart und alle Aktionen, bei denen der Gegenspieler progressiv bestraft wird (Karte oder Zeitstrafe). Kommt der behandelte Spieler zu früh aufs Feld zurück, ist das ein Wechselfehler.

Hört sich einfach an, führte aber in der Regelkunde-Runde zwischen BHC und Schiris zu den mit Abstand meisten Diskussion. Vor allem wegen des nicht unerheblichen Ungerechtigkeitspotenzials: Denn die Regel greift bei allen Verletzungen - auch solchen, die den Sinn der Regel eigentlich gar nicht erfüllen. Wer etwa als Abwehrspieler vom Gegner versehentlich abgeworfen wird und K.O. geht muss ebenso drei Angriffe raus wie ein Spieler, der sich ohne Zweikampf verletzt und beim Ballbesitz der eigenen Mannschaft liegen bleibt. Maßgeblich für die "Sperre" ist das Zeichen der Schiedsrichter an die Betreuer.

"Drei Angriffe ist eine Nummer", sieht Peter Behrens die Unparteiischen daher wegen der durchaus gravierenden sportlichen Konsequenzen in einer besonderen Verantwortung bei entsprechenden Szenen. Er ist aber auch sicher: "Wenn wir bisher gefragt haben 'Brauchst du Hilfe?', dann haben wir fast nie eine Antwort bekommen. Das wird jetzt anders." Kleiner Trost für die unschuldig betroffenen Spieler: Bei Halbzeit endet die Drei-Angriffs-Sperre automatisch ...

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