Nach Toreschluss - die Wochenendsatire „Automüll! Automüll!“

Wuppertal · Habe ich eigentlich schon mal erzählt, dass ich mittlerweile mit einem Enkel beglückt wurde? Ich bin also Oppa, auch wenn ich mich nicht so fühle und hoffentlich auch nicht so anfühle. Neulich begab es sich, dass selbiges, auf den schönen Namen Carlo hörende Ströppken seinen zweiten Geburtstag feierte. Das dafür benötigte Geschenk lag für mich auf der Hand: Der kleine Carlo interessiert sich nämlich im Prinzip ausschließlich für die Müllabfuhr.

 In echt gibt es sie, aber uch im Modell?

In echt gibt es sie, aber uch im Modell?

Foto: AWG

Jede am Straßenrand stehende Mülltonne, jeder Abfallcontainer und erst Recht jeder in Aktion befindliche Müllwagen löst einen Grad frühkindlicher Begeisterung aus, der allenfalls mit der Freude eines WSV-Fans zu vergleichen ist, wenn im Zoo-Stadion in der zwölften Minute der Nachspielzeit der Siegtreffer gegen Rot-Weiß Essen fällt. Begleitet wird der Gefühlsausbruch regelmäßig durch das laute Ausrufen der recht individuellen Wortschöpfung „Automüll!!!“ – ein zu Beginn der Sprachentwicklung nicht unüblicher Universalbegriff, der hier sowohl Müllbehälter als auch Müllfahrzeuge oder Müllmänner bezeichnen kann.

Ein so frühes Interesse für das immens wichtige Themenfeld Entsorgung und Recycling (blaue Tonnen findet Carlo besonders toll) muss natürlich gefördert werden, weshalb ich im Wuppertaler Spielwareneinzelhandel einen orangen Müllwagen im durchaus bedeutenden Maßstab 1:16 erwarb, der jetzt nicht unerhebliche Teile unseres Wohnbereiches als Betriebshof nutzt.

Die kindliche Euphorie nach dem Auspacken des Boliden kannte keine Grenzen: „Automüll! Automüll“ schrie Carlo immer wieder, befüllte die zum Lieferumfang gehörenden beiden Mülltonnen mit dem zerfetzten Karton, kippte sie mit der Hebevorrichtung in den Wagen, kurbelte den Unrat mit der Transportspirale in den Bauch des Fahrzeugs und leerte dessen Inhalt anschließend mit der einer echten Hydraulik nachempfundenen Mechanik wieder aufs Parkett. Dieser Vorgang wiederholte sich Stund‘ um Stund‘, während pädagogisch wertvolles Spielzeug aus allerlei naturtrübem Holz unbeachtet in der Ecke verstaubte.

Dann allerdings gab es einen Störfall. Denn dem in allen Punkten so lebensecht nachgebildeten Müllwagen fehlte ein entscheidendes Detail: die Müllmänner! Vorwurfsvoll zeigte Carlo auf die beiden Plattformen am Hinterteil des Fahrzeugs, auf denen das nicht vorhandene Personal während der kurzen Fahrten zwischen den Entleerungsvorgängen stehen soll, und merkte an „Automüll?“. Sein Versuch, sich selbst auf eine dieser Plattform zu stellen, war trotz der noch überschaubaren Schuhgröße 23 aussichtslos. Also bestand akuter großelterlicher Handlungsbedarf.

Ich verfügte mich deshalb umgehend erneut in den örtlichen Spielwarenhandel und suchte nach geeigneten Müllmännern. Der Streifzug durch das Sortiment war allerdings ernüchternd: Käuflich zu erwerben sind hier unter anderem Transformer-Bots, Hunde mit lila Kappen als Bestandteil einer obskuren Pfotenpolizei und tanzende Schweine, die in einem Mobilheim leben. Nach meiner Erfahrung ist solcherlei Personal im richtigen Leben eher selten anzutreffen, beherrscht aber gleichwohl die Spielzeugregale. Minnie-Mouse-Figürchen in 16 Farben und rosarote Mädchen-Reiterstaffeln auf blondbezopften Pferden helfen einem auf der Suche nach Miniatur-Entsorgungskräften in orangen Anzügen auch nicht wirklich weiter.

Und wenn es selbst ein Seepatrouillenboot mit kleinwüchsiger Besatzung und Oktopussen, einen kleinen Pizzabäcker und eine Platte mit fast allen Gemüsesorten aus Plastik gibt, warum werden dann keine Müllmänner angeboten? Ein Fachverkäufer wusste auf diese Frage auch keine Antwort. Skandal! Wie soll denn so Umweltbewusstsein spielerisch erlernt werden?

Carlo und ich setzen jetzt unsere ganze Hoffnung in die Wuppertaler Abfallwirtschaftsgesellschaft. Die Müllabfuhr ist ja so ziemlich das einzige, das in unserer Stadt wirklich gut funktioniert, und braucht deshalb unbedingt Fanartikel. Zum Beispiel in Form eines Spielzeugfiguren-Mülltrupps. Liebe AWG, mach dich bitte schnell an die Produktion, die Angelegenheit ist dringend ...

Bis die Tage!

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