Viele Bezüge zur Gegenwart Buchenwald-Kurs an Pina-Bausch-Gesamtschule

Wuppertal · An der Pina-Bausch-Gesamtschule gibt es einen Buchenwald-Kurs, der von Pfarrerin Britta Scholz begleitet wird. Die Gruppe besucht die Gedenkstätte und findet viele Bezüge zur Gegenwart und zu Wuppertal.

 Die Gruppe im ehemaligen KZ Buschenwald.

Die Gruppe im ehemaligen KZ Buschenwald.

Foto: Pina-Bausch-Gesamtschule

Haben frühere Ereignisse in unserer deutschen Geschichte etwas mit meinem Leben heute zu tun? Muss ich immer machen, was der Staat sagt? Und wie viel Eigenverantwortung trage ich für mein Handeln und meine Entscheidungen? Mit diesen und vielen anderen zentralen Fragen beschäftigt sich der Buchenwald-Kurs der 10. Klassen an der Pina-Bausch-Gesamtschule. Britta Scholz, evangelische Schulpfarrerin an der „Pina“, und Geschichtslehrer Daniel Buck leiten den Kurs gemeinsam.

Die pädagogische Gedenkstätten-Arbeit liegt der Schule sehr am Herzen: Ein Jahr lang beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler auf Basis von Geschichte, Ethik und Religion mit der Arbeit von Gedenkstätten. Der Kurs kann als Alternative für die Fächer Philosophie oder Religion ausgewählt werden. Eine Woche in der Gedenkstätte Buchenwald gehört zum Projekt dazu.

Im März 2023 war Britta Scholz zuletzt mit einer Schüler-Gruppe in Israel – hier in der Wüste nahe Beer Sheva.

Im März 2023 war Britta Scholz zuletzt mit einer Schüler-Gruppe in Israel – hier in der Wüste nahe Beer Sheva.

Foto: Pina-Bausch-Gesamtschule

„Durch den Besuch bekommen wir einen anderen emotionalen Bezug zu dem Thema. Das ist wichtig. Vor Ort kann man so viel lesen und hören und sich ganz anders mit der Geschichte identifizieren“, sagt die Schulpfarrerin. Am Ende des Aufenthalts hört sie häufig: „Da müsste eigentlich jeder von uns mal hin.“

Eine intensive Vor- und Nachbereitung ist wichtig

„Uns ist eine intensive Vor- und Nachbereitung rund um den Aufenthalt in der Gedenkstätte sehr wichtig“, sagt Britta Scholz. „Wir möchten die Jugendlichen gut begleiten und außerdem soll der Aufenthalt in einen Gesamtkontext eingeordnet werden.“ Im Frühjahr waren Britta Scholz und Daniel Buck für fünf Tage mit ihrem Kurs in Buchenwald. 24 Schülerinnen und Schüler waren dabei. Britta Scholz ist immer wieder beeindruckt von den Reaktionen der Jugendlichen auf die Zeit vor Ort. „Sie nehmen sehr bewusst wahr, was der Gedenkstättenbesuch mit ihnen macht“, sagt die Schulpfarrerin. „Sie entwickeln eine ganz andere Sensibilität für Ausgrenzung und Rassismus", ist Britta Scholz überzeugt.

Schnell sei man dann auch mitten in aktuellen Diskussionen: Wie kann es sein, dass sich bis heute Neo-Nazis in Buchenwald treffen? Und warum stehen Synagogen bis heute unter Polizeischutz? Bei einer Führung durch Buchenwald wurde die Gruppe von einer chilenischen Mitarbeiterin begleitet, die schon seit 25 Jahren in der Gedenkstättenarbeit tätig ist. „Sie hat uns nicht nur Geschichten von den Buchenwald-Häftlingen erzählt, sondern uns auch von ihren eigenen Rassismus-Erfahrungen berichtet. Das war spannend für unsere Klasse“, so die Schulpfarrerin.

Die Pädagogen versuchen auch persönliche Bezüge herzustellen und mit der Klasse über Ausgrenzungs-Erfahrungen zu sprechen oder darüber, wo beispielsweise die eigenen Großeltern während des Zweiten Weltkriegs waren. „Der Kurs ist bunt gemischt“, sagt Britta Scholz. „Einige Schülerinnen und Schüler haben einen Migrationshintergrund, andere Vorfahren waren schon immer in Deutschland. Es gibt Schülerinnen muslimischen und christlichen Glaubens. Da sind wir gleich mitten im Gespräch.“

In Wuppertal gab es ein Außenlager

Was viele nicht wissen: Die SS richtete im Auftrag der Stadt Wuppertal im August 1943 die IV. SS-Baubrigade ein, ein Außenlager von Buchenwald . Die bis zu 592 Häftlinge waren in der Katholischen Volksschule am Königshöher Weg untergebracht. Sie wurden im Auftrag der Stadt Wuppertal für Aufräum- und Wiederaufbauarbeiten nach Bombenangriffen eingesetzt.

Im Mai 1944 wurde das Außenlager aufgelöst und die Häftlinge verlegt. Auch mit diesem Thema beschäftigt sich der Kurs am Rande, so dass die Jugendlichen viele konkrete Bezüge zu ihrem Leben heute in Wuppertal haben, sagt Britta Scholz.

Das Projekt wird in der Oberstufe fortgesetzt

Für einige der Schülerinnen und Schüler, die später die Oberstufe besuchen, kann das Projekt weitergehen. Ein Fortsetzungskurs in der 12. Klasse unter der Leitung von Daniel Buck beschäftigt sich mit dem Archiv in dem ehemaligen Außenlager. Dafür ist eine weitere Reise mit dem Geschichtslehrer Buck und Pfarrerin Scholz nach Buchenwald geplant. Diese wird im April nach den Osterferien stattfinden, wenn ehemalige Inhaftierte in Weimar zusammenkommen und sich als Zeitzeugen für Gespräche bereithalten.

Bisher gab es an der Pina-Gesamtschule in der Oberstufe auch regelmäßig einen Israel-Austausch. Zuletzt hat er im Sommer 2023 stattgefunden. Aufgrund des Terror-Anschlags der Hamas wurde er für 2024 abgesagt.

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