Leserbrief „Wir fühlen uns hier sicher und sozial geschützt“

Betr.: Dankesbrief einer älteren Dame aus der Ukraine

Im Rahmen des Street-Art-Projektes „Urbaner KunstRaum Wuppertal“ ist am Rauen Werth 8 das Gemälde „Between Chaos and Care“ von Guido Palmadessa entstanden. Es gefällt Hanna Martyniuk ganz besonders gut.

Im Rahmen des Street-Art-Projektes „Urbaner KunstRaum Wuppertal“ ist am Rauen Werth 8 das Gemälde „Between Chaos and Care“ von Guido Palmadessa entstanden. Es gefällt Hanna Martyniuk ganz besonders gut.

Foto: Wuppertaler Rundschau

Liebe Bürgerinnen und Bürger aus Wuppertal,

der grausame Krieg, den Russland gegen die Ukraine entfachte, vertrieb uns aus unserer Heimat und zwang uns, im Ausland Zuflucht zu suchen. Mit großem Schmerz im Herzen verließen wir unsere Heimat, unsere Verwandten und alles, was mit einem Wort „Vaterland“ genannt wird!

Um unsere Kinder und Eltern vor Trümmer, Schmerz und Tod zu retten, flohen wir in fremde Länder, ohne zu wissen, was uns dort erwartet. Unsere große Frage war: Wie werden uns die fremden Länder empfangen?

Heute möchte ich diese Gelegenheit nutzen und mich im Namen aller Geflüchteten aus der Ukraine, die die Stadt Wuppertal so gastfreundlich aufgenommen hat, ganz herzlich bedanken: bei der Stadtverwaltung, den Sozialdiensten, den Hilfsorganisationen, den Ehrenamtlichen und allen guten Menschen in der Stadt.

 Hanna Martyniuk.

Hanna Martyniuk.

Foto: privat

Wir haben von den ersten Minuten unseres Aufenthalts hier in Ihrem Land die grenzenlose Gastfreundschaft gespürt und enorme Hilfe erhalten. So wie eine Mutter ihre Kinder gerne aufnimmt, so hat auch Ihre wunderbare, schöne Stadt Wuppertal uns wie ihre eigenen Kinder aufgenommen. Als der Zug, der uns in Euer Land brachte, anhielt, haben wir die Wärme Eurer Herzen von der ersten Minute unseres Aufenthaltes gespürt.

Bevor wir den ersten Schritt ins Unbekannte wagen konnten, hörten wir eine laute Stimme in unserer Muttersprache: „Liebe Ukrainer! Wir freuen uns, Sie in unserem Land zu sehen!“ Wir sahen bei Euch viele unserer ukrainischen Flaggen. Und wir sahen auch eine weiße Friedenstaube, die den gelb-blauen Zweig eines „einst mächtigen Baumes“ zuverlässig festhielt.

Wir verstanden Ihre Symbole. Ein gelb-blauer Zweig – denn wir Ukrainer waren es, die sich wie diese Zweige auf der ganzen Welt zerstreuten. Die weiße Taube – denn es war Eure wunderbare Stadt Wuppertal, die diesen einsamen Zweig aufgegriffen hat und nicht vergehen ließ.

All dies gab uns Zuversicht und Vertrauen in die Tatsache, dass wir hier erwartet wurden, dass Sie uns nicht fallen lassen und wir uns hier nicht verlaufen würden. Sie haben gezeigt, dass Sie uns willkommen heißen und bereit sind, uns zu helfen. Es ist schwierig, passende Worte zu finden, um diese Emotionen und Gefühle auszudrücken, die unsere verwundeten Seelen überschwemmt haben. Es ist unmöglich zu vergessen: Wir haben Ihnen vertraut und wurden nicht enttäuscht.

Bald ist es bereits das dritte Jahr in Ihrer wunderschönen Stadt Wuppertal, und wir fühlen uns jeden Tag umsorgt. Sie lösen alle unsere Probleme: Sie sorgen für Unterkunft, Kleidung und Essen, unterrichten uns und unsere Kinder.

Unsere Kinder haben die Möglichkeit, ihre Lieblings-AGs und Vereine zu besuchen. Wir erhalten bei Bedarf medizinische, psychologische und eine finanzielle Unterstützung. Wir fühlen uns nicht nur sicher, sondern auch sozial geschützt. Eine tiefe Verbeugung vor Ihnen und ein großes, aufrichtiges Dankeschön von uns allen Ukrainern!

Und ich möchte Ihnen auch für das fabelhafte „Blaue Haus mit Sonnenblumen“, in dem viele Ukrainer und Ukrainerinnen leben, und für die verschiedenen großen Gemälde an den Wänden der Gebäude – zum Beispiel am Rauen Werth 8 – danken, an denen wir häufig vorbeikommen.

Es ist unmöglich, es ohne Tränen zu betrachten. Dieses so passendes Motiv am Rauen Werth erinnert uns an unsere heutige Ukraine. Vielen Dank, dass Sie unseren Schmerz so feinfühlig gespürt haben. Danke!

Es wäre nicht fair, wenn wir uns heute nicht an diese sensiblen und schönen Menschen erinnern würden, die uns in den ersten Monaten unseres Aufenthalts die Möglichkeit gegeben haben, mit unseren Verwandten telefonisch zu kommunizieren und mit allen Arten von Transportmitteln, sogar mit einem so großen Wunder wie der Schwebebahn fahren zu dürfen. Und das war einige Zeit sogar kostenlos.

Eine tiefe Verbeugung des gesamten ukrainischen Volkes vor Ihnen. Vielen Dank Deutschland! Vielen Dank Wuppertal und seinen großartigen Bürgerinnen und Bürgern.

Hanna Martyniuk

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