Seit 1964 immer in Wichlinghausen Ehepaar Westkott: „Haben schon allerhand erlebt“

Wuppertal · Das Ehepaar Weskott wohnt seit 1964 in stets derselben Wohnung in Wichlinghausen und erlebt dort seit 60 Jahren den Wandel der Gesellschaft.

Hermann und Karin Weskott in ihrem Wohnzimmer an der Hermannstraße.

Hermann und Karin Weskott in ihrem Wohnzimmer an der Hermannstraße.

Foto: Wuppertaler Rundschau/Waltraut Rass

„Früher konnten wir noch bis nach Heckinghausen gucken“, sagen Hermann und Karin Weskott. Seit 60 Jahren wohnt das Ehepaar in seiner Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in der Hermannstraße in Wichlinghausen. Einige Jahre nach dem Einzug des damals noch jungen Paares wurde der schöne Ausblick aber schon mit weiteren Wohnhäusern verbaut.

„Wir sagen dazu ‚die neueren Häuser’, sie sind aber auch in den 1960ern gebaut worden“, schmunzelt der 84-jährige Hermann Weskott. „Hier war früher ein wunderschöner Garten“, erinnert sich seine zwei Jahre jüngere Frau und zeigt zum Wohnzimmerfenster, das nach Süden hin ausgerichtet ist. „Da war ein Park der Firma Faber“, ergänzt ihr Mann. Seine Schwester habe bei dieser Firma schon in der Näherei gearbeitet.

In den sechs Jahrzehnten formte sich das Straßenbild rund um den Wichlinghauser Markt um. „Die kleinen Geschäfte sind alle weg, das hat sich total verändert“, bedauert Karin Weskott.

Als sehr positiv empfindet sie den guten Zusammenhalt der Menschen damals – und auch „die schöne Hausgemeinschaft“ von früher, in der jeder jeden kannte und alle zusammen alt geworden sind. „Wir waren die jüngsten Bewohner. Ich konnte hier überall hingehen“, erzählt Karin Weskott über ihre regen Nachbarschaftsbesuche. Auch die Tochter und der Sohn waren stets willkommen in allen Wohnungen.

Im Lauf der Jahre wechselten die Mieter. Es zogen junge Leute ein. „Da hatten wir auch schon mal die Polizei im Haus, weil sie sich gekloppt haben“, weiß Karin Weskott zu erzählen. „Mietnomaden hatten wir. Eheliche Gewalt und auch Diebstahl. Wir haben schon allerhand hier erlebt. Dagegen ist es jetzt richtig ruhig“, lacht sie. Sie sinniert über den Wechsel der Gesellschaft: „Heute ist das nicht mehr wie früher. Jeder lebt sein Leben, es ist nicht mehr so eine Gemeinschaft“, bedauert Karin Weskott.

Ein wenig von der Harmonie ist aber doch übriggeblieben. Im Sommer sitzt das Ehepaar immer noch gerne draußen für einen gemeinsamen Nachbarschaftsplausch. Die Mietwohnung war 1964 für damalige Zeiten modern eingerichtet: Es handelte sich um die einzige, die schon mit Bitumen-Fliesen ausgelegt war. Eine Badewanne und eine Ölheizung ergänzten den Komfort.

Das Ehepaar hatte es vorher weniger bequem in einem 300 Jahre alten Fachwerkhaus an der Gosenburg in Heckinghausen. „Die Weskotts haben dort über 100 Jahre gelebt“, erzählt Hermann Weskott nicht ohne etwas Stolz in der Stimme. Er wurde in dem Fachwerkhaus geboren – ebenso wie sein Vater.

Karin Weskott wohnte nach der Hochzeit nur zwei Jahre mit ihrem Mann zusammen in einfachen, dennoch zu damaligen Zeiten nicht unüblichen Verhältnissen, bevor sie als sogenannte „Projektvertriebene“ in die Hermannstraße umzogen. Das historische Fachwerkhaus wurde abgerissen. „Gas hatten wir in dem Fachwerkhaus, aber keinen Strom. Beleuchtet wurde mit Gas. Wasser war noch draußen verlegt, die Toilette war draußen ums Haus rum“, lässt Hermann Weskott die Vergangenheit in Heckinghausen noch einmal aufleben.

An den Zweiten Weltkrieg kann sich der gelernte Maschinenschlosser noch erinnern: „Ich habe zwei Mal gesehen, wie das obere Dach der Kaffeerösterei Kikuth brannte. Das war so 1942 oder 1943 und 1945.“ Sonst hat er viele schöne Erinnerungen an seine Zeit zwischen Wupper und Murmelbachtal, wo er schwimmen lernte.

Im April feiert das sympathische Ehepaar seinen 63. Hochzeitstag. Einsam wird es nicht um die beiden: Wenn die zwei Urenkel im Alter von drei und eineinhalb Jahren zu Besuch kommen, bringen sie Leben in die Bude – und der Sohn wohnt auch noch mit im Haus.

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