„The Voice of Germany“ und der Männerchor

Nachdem 2014 der Bergische Männerchor Ronsdorf wegen Nachwuchsmangel aufgegeben hat, hat auch der Evangelische Chor (Vesper am 29. August) seinen Abschied angekündigt. Andere Chöre bilden Chorgemeinschaften.

Das sind Ergebnisse von Überalterung und fehlendem Nachwuchsmangel bei Männerchören.

Dieses Problem hat der gemischte Chor "Pro Musica Ronsdorf" nicht, wie Chorleiterin Renate Schlomski, die auch die Bergische Musikschule leitet, bestätigt: "Zuwachs gab es in letzter Zeit durch die Aufnahme älterer Sängerinnen und Sänger ab 60 Lebensjahren. Es haben sich in jüngster Vergangenheit noch eine Dame und ein Herr zu uns gesellt. Der Chorklang ist ausgewogen, der Anteil der Männer deutlich kleiner als der der Damen, aber das ist okay." Junge Leute für den Chor zu gewinnen ist eher schwierig, das Repertoire ist vielseitig, aber die Hemmschwelle, sich zu älteren Sängerinnen und Sängern zu gesellen, ist groß. Jüngere Musikinteressierte bleiben lieber unter sich. Renate Schlomski: "Das hat mit den sonstigen Interessen und Lebenswelten zu tun, in denen sich die Menschen bewegen."

Die Bergische Musikschule Wuppertal ist mit rund 3.600 Schülern eine der größten Musikschulen in Nordrhein-Westfalen. Qualifizierter Unterricht für alle Altersgruppen wird stadtweit, auch in der Fachschule an der Remscheider Straße 50, angeboten. Das Unterrichtsangebot ist breitest angelegt, von der Klangwiese mit 18-monatigen Kindern, über JeKi, Instrumentalunterricht im Einzel- und Gruppenunterricht bis zur Spitzenförderung in der Vorbereitung auf ein Studium. Das gemeinsame Musikmachen gibt in der Bergischen Musikschule den Ton an. Mehr als 50 Ensembles sind Beweis dafür.

In den Chören der Bergischen Musikschule sind Mädchen in der Mehrzahl, allerdings schafft das große Singpausenprojekt (2.000 Kinder) eine Ausgewogenheit von Jungen und Mädchen. Schlomski: "Wir unterrichten ganze Klassenverbände in acht Schulen, als neunte kommt die Grundschule Echoer Straße hinzu. Es wäre eine tolle Geste der Ronsdorfer Chöre, dies zur Kenntnis zu nehmen und vielleicht ideell und finanziell zu unterstützen. Das Unterrichtsprojekt trägt sich allein durch Sponsoren und Befürworter! Die Ronsdorfer Chöre könnten hier eine Vorbildrolle einnehmen."

Auf eine für ältere Sänger ungewöhnliche Art sorgen Castingshows wie "DSDS" und "Voice of Germany" für Nachwuchsförderung. Renate Schlomski: "Die Kinder finden diese Sendungen natürlich "cool", das ist klar. Wir begegnen diesen Trends mit ausgewogenen Programmen, lassen die Kinder auftreten, studieren mit ihnen Musicals ein. Kinder lassen sich fesseln, auch mit schönen Volksliedern. Es kommt immer auf die Person an, die ihnen die Literatur vermittelt. Wenn diese für das "brennt", was sie tut, lassen sich die Kinder anstecken! Das Ergebnis kann am 17. Juni ab 9.30 Uhr in der Sporthalle des SV Bayer Wuppertal, bestaunt werden, wenn zweimal je 1.000 Kinder, mit größter Freude internationale Volkslieder singen."

Auf die Frage, wie Erwachsenenchöre von einer singfreudigen Jugend profitieren können, antwortet die Leiterin der Musikschule: "Wenn es gelingt, gute Singförderprogramme, wie die Singpause und die Jugendchorlandschaft insgesamt zu halten und wir Junioren und Senioren zusammen bringen, habe ich Hoffnung! Ich plädiere dafür, die Kinder in die Konzerte zu holen. Oft sind Kinder verblüfft, was die Älteren so "drauf" haben. Ich bemühe mich, Chöre, Solisten, Ensembles der Bergischen Musikschule in meinen Chorkonzerten unterzubringen und freue mich, wenn Chöre bei mir nach Mitwirkenden fragen. Vielleicht spielt ein süßes Musikschulkind in einem Konzert mal einen falschen Ton, na und!

Wenn jeder in seiner Burg bleibt, weiß der eine vom anderen nichts! Zu den Konzerten kommen auch immer dieselben Fanclubs. Offenheit, Mut zum Experiment, mal über den Schatten springen. Ich hatte im Weihnachtskonzert ein Schlagwerkensemble der Musikschule dabei, die Zuhörer waren überrascht! Die jungen Leute haben im Landeswettbewerb 'Jugend musiziert' einen zweiten Preis bekommen."

Renate Schlomski hat kein Patentrezept, wie traditionelle Chöre auf längere Sicht existieren können, weil die Angebotsvielfalt im Freizeitbereich groß ist. Schlomski: "Wer weiß, vielleicht muss an der ein-oder anderen Stelle etwas zu Ende gehen. Dafür entsteht an anderer Stelle etwas Neues. Wir müssen alle wachsam sein und versuchen, Neuem auf die Beine zu helfen. Gleichzeitig Altes bewahren, vielleicht auch modifiziert weitergeben. Das tue ich jeden Tag in meiner Musikschularbeit, gemeinsam mit kreativen Köpfen, immer auf der Suche nach Verbündeten! Nicht mit Gewalt auf dem sitzen bleiben, was man vermeintlich hat, sondern mit Mut und Schwung zu neuen Ufern aufbrechen. Manchmal muss man auch den Mut haben etwas loszulassen, will heißen: Nicht immer ist die Aufgabe eines Chores schlecht. Verbleibende Sängerinnen und Sänger können sich einem anderen Chor zugesellen und eifrige Konzertbesucher sein."

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