Geschichten vom Klingholzberg

Nazis, Kommunisten und Ghetto-Leben: Der Klingholzberg hat eine bewegte Vergangenheit. Die ist nun in dem Buch "Leben im Brennpunkt" festgehalten.

 Geschichte bewahren (von links): SkF-Geschäftsführerin Simone Jostok beschaffte Geld für die Herausgabe des Buches über den Klingholzberg. Sabine Münch ist seit 22 Jahren der „gute Geist“. Christiane Gibiec schrieb Gehörtes auf. Manfred Voss ist noch lebender Zeitzeuge.

Geschichte bewahren (von links): SkF-Geschäftsführerin Simone Jostok beschaffte Geld für die Herausgabe des Buches über den Klingholzberg. Sabine Münch ist seit 22 Jahren der „gute Geist“. Christiane Gibiec schrieb Gehörtes auf. Manfred Voss ist noch lebender Zeitzeuge.

Foto: Conrads

Proppenvoll ist wohl das richtige Wort für einen Nachmittag im November in den Räumen der Stadtmission. Sabine Münch, seit 1993 Leiterin der Gemeinwesen- und Sozialarbeit des SkF, war überwältigt von dem Andrang. "Mit derartig vielen Menschen habe ich nicht gerechnet." Gemeinsam mit Buchautorin Christiane Gibiec stellte sie das Büchlein "Leben im Brennpunkt" vor, das die Barackenunterkünfte und die früheren Wohnbedingungen auf der Hilgershöhe zum Thema hat.

Vor allem kinderreiche Frauen erzählten Sabine Münch von ihren Schicksalen, vom täglichen Kampf gegen Hunger und Durst unter mehr als schwierigen Bedingungen. Zeitzeuge Manfred Voss steuerte zahlreiche Bilder bei und berichtet: "Unsere Mütter waren Powerfrauen, weil sie neben dem Haushalt ihre vielen Kinder gut erzogen haben. Das Gemeinschaftsgefühl war bemerkenswert."

In den 1880er Jahren errichtete Familie Klingholz auf einem Freigelände am Rande der damals noch selbstständigen Stadt Barmen Holzhäuser für italienische Arbeiter, die die Rheinische Eisenbahnstrecke bauten. Außerdem wurden arbeitslose und obdachlose Menschen untergebracht. Nach ständiger Erweiterung lebten Ende des 19. Jahrhunderts rund 400 Menschen auf dem Klingholzberg in großer Armut und Diskriminierung.

In 23 Räumen hatten damals 120 Personen ihr Zuhause. Hunger und Gewalt waren an der Tagesordnung. In den 1920er Jahren wurden sieben Reihenhäuser mit 26 Notwohnungen errichtet. Außerdem dienten ehemalige Pferdeställe als Unterkünfte, die erst nach 1960 abgerissen wurden. Der Name Klingholzberg wurde durch Heinrich-Böll-Straße ersetzt.

Das Gesicht des Stadtteils hat sich seither stark verändert und ist heute eine ansehnliche Wohngegend. Erst vor kurzem entstand eine Reihenhaussiedlung, und ein Park wurde angelegt. Das Kinder- und Jugendzentrum besteht seit Jahrzehnten, der Spielplatz ist runderneuert.

Das durch das Förderprogramm "Soziale Stadt" mit finanzierte Buch belegt einen wertvollen Teil der Wupper

taler Stadtgeschichte und ist sicherlich auch für die nachfolgenden Generationen eine interessante Lektüre.

(Rundschau Verlagsgesellschaft)
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