Wuppertaler beim Extrem-Hindernislauf "Ein großartiges Erlebnis!"

Wuppertal / Toronto · Auf diese Umschreibung käme nicht jeder, der Stefanie Pietsch beim Extrem-Hindernislauf betrachtet. Aber sie und ihr Mann Stefan Biedermann kamen jetzt begeistert von den OCR (Obstacle Course Racing)-Weltmeisterschaften aus Toronto zurück.

Nach fünf kräftezehrenden Stunden erreichte Steffi das Ziel, Stefan Biedermann wurde sogar 14. seiner Altersklasse — ein grandioser Erfolg. Hier der Bericht von Stefan Biedermann:

"Bislang sind Stefanie Pflitsch und ich nur in Deutschland, Holland und Österreich gelaufen. O.k., dieses Jahr auch mal Thailand, aber das war zufällig im Urlaub. Doch nun verschlug es uns nach Kanada. Genauer gesagt nach Blue Mountain in der Nähe von Toronto, Ontario.

Dort fanden die diesjährigen OCR World Championships statt. Die Weltmeisterschaft im extrem Hindernislauf. 15 Kilometer extremes Gelände mit natürlichen und künstlichen Hindernissen. Qualifizieren konnte ich mich sowohl bei einem Wettkampf im März, als auch im Juni bei der Europameisterschaft in den Niederlanden. Eine Woche vor der EM schaffte auch Steffi die Qualifikation in den Niederlanden.

Also Laufschuhe eingepackt und als Teil der deutschen Delegation ab nach Kanada. Dort traf sich vom 14.-16. Oktober 2016 die Weltelite mit qualifizierten Athleten aus 42 Nationen um den Weltmeister unter sich zu finden. Und zwar jeweils in den drei Wettkämpfen Short-Track (3 km), Standard­-Distance (15 km) und Team-Race (7 km). Für alle drei Events gemeldet, ging es bereits am Freitag für mich an den Start. Auf dem Short-Track konnte ich bereits einen Teil der Strecke und 10 Hindernisse kennenlernen. Weder wollte ich hier Vollgas geben, noch um den Titel mitlaufen (Was an dem Wochenende eh nicht mein ausgekorenes Ziel war) Am Samstag startete dann das Mainevent.

Dort traten wir beide an. Steffi in der Altersklasse 25 bis 29 und ich in der Altersklasse 35 bis 39 mit jeweils rund 300 weiteren Athleten an. Mit einem guten Start meinerseits und starken ersten Kilometern, welche die Athleten direkt die Skipisten hinauf führten, konnte ich mich ein wenig vom Hauptfeld absetzen. Nur etwa 25 Läufer waren auf den ersten Kilometern vor mir. Ich bin sicherlich nicht der schnellste Läufer, doch ich hatte nicht nur einen extrem starken Tag, sondern konnte an jedem Hindernis meine technischen Qualitäten voll ausschöpfen und gegenüber den anderen Läufern Boden gutmachen.

Der Kurs jagte uns viermal den Berg rauf und war gespickt mit technisch sehr anspruchsvollen Hindernissen. Etwa im letzten Viertel des Rennens gesellten sich ein Schwede, ein Belgier und zwei Dänen zu mir, sodass wir eine sehr starke Laufgruppe mit einem konstant hohen Lauftempo bildeten. An den letzten sechs anspruchsvollen Hindernissen setzten wir uns voneinander ab, so dass ich nach genau 2:00.19 die Ziellinie als 14. meiner Altersklasse überlaufen konnte. Ein überwältigendes Gefühl. Und auch heute, knapp zwei Wochen nach der WM nicht ganz realisierbar. Wenn man mich vorher gefragt hätte, hätte ich nur gelacht. Aber jetzt … Platz 14! Bei einer Weltmeisterschaft! Wahnsinn! An dieser Stelle einen Herzlichen Glückwunsch an Jonathan Albon (UK) zum Weltmeistertitel (1:26 Std. in der Elite-Gruppe)!

Steffi hatte leider an einem der technischen Hindernisse ziemlich zu knacken, sodass sie nach etwa km sechs ihr Band abgeben musste und aus der Wertung ausschied. Natürlich geknickt, aber davon nicht unterzukriegen kämpfte sie sich weiter durch den Parcours und erreichte schließlich die Ziellinie nach 5:08 Std. (incl. Zeitstrafe) und war über froh, den Kurs bewältigt zu haben.

Am Sonntag stand dann noch das Team-Race auf dem Programm. Ein Team bestand aus 3 Sportlern. Jeder Spezialist in einer der Kategorien Geschwindigkeit, Kraft und Technik. Zusammen mit Bastian Bäumer (Kraft) und dem deutschen Ausnahme-Athlet Charles Franzke (Geschwindigkeit) traten wir als eins von 5 deutschen Herren-Teams an. Steffi bildete mit Doreen Glomb und Christiane Roth, welche am Sonntagmorgen für die Verletzte Sarah Tilke einsprang, das einzige deutsche Damen-Team.

Am ersten Wechselpunkt konnte ich als erstes den Weltmeister Albon ankommen sehen. Er hatte auf den ersten 5 Laufkilometern einen unglaublichen Vorsprung herausgelaufen. Wenige Minuten später übergab Charles dann den Transponder an mich und ich machte mich auf in das anspruchsvollste der Hindernisse. Danach übergab ich an Bastian, der einen 25-Kilogramm-Sandsack eine Meile die Skipiste hoch und wieder runter schleppen musste, bevor er mir den Transponder zurückgab. Besonders erschwert wurde das Rennen durch extremen Regen, welcher pünktlich zu Beginn des Rennens eingesetzt hatte und die Hänge ich absolute Schlammrutschen verwandelte. Der letzte Part, bestehend aus 6 technischen Hindernissen, welche wieder durch mich bewältigt wurden, bevor wir zu dritt eine schräge 4m hohe Wand und schlussendlich die Ziellinie überwunden mussten. Am Ende stand als 1.deutsches Team ein grandioser siebter Platz der Elite-Klasse zu Buche. Eine unglaublich starke Leistung eines jeden Einzelnen, aber vor Allem des Teams.

Die Christiane zeigte bei den Damen eine starke läuferische Leistung. Und das mal so ganz spontan. Doch dann verlor Doreen leider am Hindernis das Band, sodass das Team aus der Wertung ausschied. Dennoch machten sie weiter und Steffi zeigte einen überragenden Willen beim Kraftteil der Strecke. Mit dem 25kg Sandsack auf den Schultern machte sie sogar noch mehrere Plätze gut. Leider gelang es Doreen auf dem Technikteil nicht, alle weiteren Hindernisse zu bewältigen. Dennoch erklommen die drei am Ende die 4m-Wand und schafften es ins Ziel.

Platz 14 meiner Altersklasse und ein siebter Platz im Team-Race der Elite sind nur zwei Gründe, warum dieser Trip nach Kanada unvergesslich bleiben wird. Vor allem aber, weil das Event überwältigend war. Alle Sportler und sämtliche Zuschauer bei diesem Event waren absolut fair und haben durch ihre positive Stimmung zum Gelingen beigetragen. Eine Stimmung die ich bislang noch auf keinem Wettkampf und in keiner anderen Sportart erlebt habe. Egal ob man jemanden überholt hat, egal ob man überholt wurde oder wenn man langsamer wurde, man hat sich auf die Schulter geklopft und motiviert weiter zu laufen. Es war auch egal wer an den Zuschauern vorbei gelaufen ist, jeder wurde angespornt, ermutigt und vorangetrieben. Ein überwältigender Wettkampf mit einem ganz besonderen Schlag Menschen!

Jetzt heißt es aber wieder den Blick nach vorne gerichtet auf die Qualifikation für das kommende Jahr zu schauen. Denn wenn die Weltmeisterschaft 2017 stattfinden, wollen wir nicht zu Hause sitzen!"

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