Abschied "Richtig, richtig große Klasse“

Wuppertal · Ein bemerkenswerter Abend mit viel Lob und vielen Zwischentönen: Neun unterschiedliche Initiativen aus der engagierten Wuppertaler Bürgerschaft gaben in der Utopiastadt am Montag eine kleine Abschiedsparty für den geschassten Bürgerbeteiligungsdezernenten Panagiotis Paschalis und seine Mitarbeiterin Franziska Fischer.

 Franziska Fischer und ihr früherer Chef Panagiotis Paschalis: Franziska Fischer geht nach Heidelberg, Panagiotis Paschalis ist — nach seiner Abwahl durch die Mehrheit des Rates — zurzeit Beamter im einstweiligen Ruhestand.

Franziska Fischer und ihr früherer Chef Panagiotis Paschalis: Franziska Fischer geht nach Heidelberg, Panagiotis Paschalis ist — nach seiner Abwahl durch die Mehrheit des Rates — zurzeit Beamter im einstweiligen Ruhestand.

Foto: Max Höllwarth

Die zu dieser Party eingeladen (und damit Paschalis selbst, der erst kurz zuvor davon erfuhr, auch überrascht) hatten, gab es lange bevor Wuppertals Politik die Bürgerbeteiligung auf hoher Stadtebene anzusiedeln beschloss: Bergischer Energiewendestammtisch, EnergiE zum Leben — auch in W-Nord, Gemeinwohl-Ökonomie- (Regionalgruppe Ennepe, Ruhr & Wupper), Klimaquartier Arrenberg, Kompetenznetz Bürgerhaushalt, Neue Arbeit — Neue Kultur Bergische Region, Offene Kommunen. NRW, Opendatal und die Utopiastadt selbst.
Goodbye sagten sie nicht nur Panagiotis Paschalis, sondern auch seiner Mitarbeiterin Franziska Fischer, die Wuppertal auf eigenen Wunsch Richtung Heidelberg verlässt.

Klar wurde bei einer Reihe kurzer Ansprachen in der Utopiastadt sehr schnell: Die positiven Eindrücke und Erfahrungen mit dem wegen offenbar unüberbrückbaren inhaltlichen, juristischen und persönlichen Positionen abgewählten Ex-Dezernenten überwiegen bei den Initiativen deutlich.

Große Erwartungen setzt man nun in die während eines umfangreichen Prozesses erarbeiteten Bürgerbeteiligungsleitlinien: Sie umfassen nur fünf Seiten, haben das Interesse vieler anderer Städte geweckt — und müssen vom Rat noch beschlossen werden. Weil das noch nicht passiert ist — und das war am Montag in der Utopiastadt deutlich zu spüren — gibt es große Befürchtungen und Unsicherheiten in Sachen Zukunft der Wuppertaler Bürgerbeteiligung. Auch was den von der Arbeitsgruppe aus Bürgern, Politik und Verwaltung gewünschten Beirat für Bürgerbeteiligung betrifft: Der soll eine unabhängige, gemischt besetzte Schnittstelle zwischen Rathaus und Stadtgesellschaft sein. Was aus ihm werden wird, ist noch nicht offiziell in trockenen Tüchern.

"Richtig, richtig große Klasse" — so nannte Cathy Reinbothe von der Leitlinien-Arbeitsgruppe die Arbeit von Paschalis, Franziska Fischer und Marcel Solar, der sich zurzeit in Elternzeit befindet. Dieter Hofmann (Offene Kommunen.NRW) hob besonders die "ständige, schon vor Amtsantritt gestartete Kommunikation" hervor, die mit der Stabsstelle geherrscht habe.

Sehr klare Kante zeigte Uni-Politikwissenschaftler und Bürgerbeteiligungsexperte Professor Hans J. Lietzmann: Bürgerbeteiligung sei eine ernste Sache — und Ex-Dezernent Paschalis habe hier mehr als nur einen Job gemacht. In Wuppertal, "das", so Lietzmann, "eine lange Geschichte der Verhinderung und Vermeidung von Bürgerbeteiligung hat", sei nun ein Standard erreicht, hinter den man nicht mehr zurückkönne.

Lietzmann: "Ja — für Bürgerbeteiligung muss man ein Dezernat haben. Sonst hat sie kein Echo in der Verwaltung." Für Wuppertal können und dürfen laut Lietzmann die Leitlinien nicht (mehr ) als "reines Placebo" gesehen werden: Von nun gehe es, auch mit Blick auf das Thema Seilbahn, "nicht um die Beteiligung von Anwohnern oder Betroffenen, sondern um echte Bürgerbeteiligung".

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