Ein Stück deutsches Kulturgut Barmer Kiosk zieht ins Haus der Geschichte

Wuppertal · Jahrzehntelang stand das „Büdchen“ am Alten Markt. Jetzt hat das Museum „Haus der Geschichte“ in Bonn ihn auf Initiative des Wuppertalers Cesare Lazaros Borgia gerettet – als deutsches Kulturgut.

Dieser Barmer City-Kiosk der Modellreihe „Euro“ wurde jetzt von einem Schwelmer Schrottplatz aus ins Depot des Hauses der Geschichte in Bonn gebracht.

Dieser Barmer City-Kiosk der Modellreihe „Euro“ wurde jetzt von einem Schwelmer Schrottplatz aus ins Depot des Hauses der Geschichte in Bonn gebracht.

Foto: Haus der Geschichte/Volker Thiel

Der Kiosk, der jahrzehntelang am Alten Markt in Barmen stand, ist bereits im Museumsdepot in Bonn angekommen. Zuletzt fristete er sein Dasein auf einem Schrottplatz in Schwelm, nachdem er im verganenen November im Barmer Zentrum abgeräumt werden musste.

Zum Leidwesen vieler Menschen, die mit dem Kiosk Erinnerungen verbanden. Damit, dass das vielleicht letzte „Büdchen“ seiner Art – womöglich für immer – verschwinden könnte, wollte sich auch Cesare Lazaros Borgia nicht abfinden. Der Wuppertaler, der sich seit Jahren mit der Stadtgeschichte beschäftigt, hatte zunächst vergeblich versucht, den Kiosk noch unter Denkmalschutz stellen zu lassen.

Schließlich schaltete er das Museum zur deutschen Zeitgeschichte seit 1945 ein – mit Erfolg. „Ja, wir haben den Kiosk erworben“, bestätigt Manfred Wichmann, Sammlungsdirektor der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik. „Sehr kostengünstig“, wie er verrät.

Das Modell der italienischen Firma Magli, von dem es seit den 1960er Jahren Dutzende in der Wuppertaler Innenstadt gab, ist gerettet. Ob und wann Besucher das Wuppertaler Schaustück zu sehen bekommen, steht allerdings noch nicht fest.

Wichmann war jedoch sehr dankbar für den Tipp von Borgia. „Wir planen aktuell gerade eine neue Dauerausstellung.“ Es gehe dem Museum – eins der meistbesuchten deutschlandweit – nicht nur darum, Politikgeschichte zu erzählen, sondern auch den Alltag der Menschen. „Aus der DDR haben wir zum Beispiel einen kompletten Kiosk. Aus der BRD fehlte uns aber noch ein Modell“, berichtet Wichmann.

Diese Lücke habe das Haus der Geschichte mit dem Wuppertaler Exponat nun geschlossen. „Es hat auch ein sehr typisches Erscheinungsbild und steht für die Hochzeit der westdeutschen Fußgängerzone“, freut sich der Sammlungsleiter über den Neuzugang.

Jetzt wolle man noch weitere Infos etwa zur Architektur sammeln. Auch Borgia hat Unterstützung angekündigt. Außerdem ist das Museum an Berichten Wuppertaler Zeitzeugen interessiert.

Gut erhalten sei der Kiosk auf jeden Fall, ist Wichmann stolz. Und so leer, wie er sich aktuell präsentiert, muss er auch nicht bleiben. „Wir sind sehr gut ausgestattet und könnten den Kiosk nahezu original mit zeitgenössischen Alltagsgegenständen bestücken, zum Beispiel mit historischen Cola-Dosen, Zeitungen aus unserem Archiv oder verschiedenen Kaugummi-Marken.“

Das Museum wolle markante Orte abbilden, an denen sich Menschen treffen. Manfred Wichmann: „Meine Aufgabe ist es, unser materielles Kulturgut zu sichern – wie jetzt mit diesem Kiosk, den wir dauerhaft erhalten wollen. Dazu gehört auch, dass er, wie auch die meisten Objekte aus unseren Sammlungen, an andere Museen verliehen werden kann.“ Konkrete Ausstellungspläne gibt es aber zurzeit noch nicht.

Übrigens hat das Haus der Geschichte etwa 100 Objekte, die in Wuppertal gefertigt wurden oder mit Wuppertal in Beziehung stehen: etwa zahlreiche Lebensmittelprodukte des Fair-Trade-Unternehmens GEPA, eine Corona-Schutzmaske der Schwebebahn, ein Autogramm von Bert Trautmann aus einem Wuppertaler Hotel und in Wuppertal gefertigte Telefonzellen als Beispiele einer untergegangenen Kommunikationsform.

„Büdchen-Retter“ Cesare Borgia im Gespräch mit der Rundschau: „Der Kiosk ist einzigartig, ich freue mich sehr, dass er gerettet wurde. Es wäre natürlich ein Traum, wenn er, vielleicht auch nur temporär, nach Wuppertal zurückkehrt.“

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