Landtagswahl 2017 in Wuppertal Die Strategie hinter den Plakaten

Wuppertal · Die Stadt ist tapeziert mit Gesichtern, Protesten und Versprechen. In zwei Wochen wird in NRW gewählt. In Wuppertal geben nicht nur Parteien alles für ihren Platz in Düsseldorf.

 Die B 7 ist eine der Straßen, die am meisten für den Wahlkampf genutzt wird. Unser Bild zeigt Werbung von Jörg Heynkes, der Linken, SPD, CDU und der Grünen. Nicht zur Wahl steht der „Big Boss“ einer Fastfood-Kette.

Die B 7 ist eine der Straßen, die am meisten für den Wahlkampf genutzt wird. Unser Bild zeigt Werbung von Jörg Heynkes, der Linken, SPD, CDU und der Grünen. Nicht zur Wahl steht der „Big Boss“ einer Fastfood-Kette.

Foto: Rundschau / Max Höllwarth

Der Weg zur Arbeit ist derzeit besonders bunt und besonders "kommunikativ". Die Ministerpräsidentin grüßt als "Nachbarin". Ein imaginärer CDU-Autofahrer erklärt auf der eher wenig befahrener Strecke, er brauche nichts zu frühstücken, er beiße ja schon wegen der Staus ins Lenkrad. Eine andere Stimme plädiert mit Ausrufezeichen: Für die Befreiung der Frau! Und dann sind da noch die mehr oder weniger bekannten Wuppertaler Gesichter, die mit Kabelbindern festgemacht fröhlich von bald jedem Laternenpfosten strahlen. Es ist Wahlkampf — in NRW und in Wuppertal.

Björn Brick klemmt sich in diesen Tagen oft selbst sein Gesicht unter den Arm, um sich als CDU-Landtagskandidat bekannt zu machen. Bewusst habe er sich, als jüngster Kandidat, gegen die Krawatte entschieden. Bei der Bildbearbeitung verzichtete er auf Weichzeichner und Farbkorrektur — natürlich statt aalglatt. "Die Bürger sollen mich so sehen, wie ich wirklich bin."

Die Wuppertaler Union setzt bei der Bewerbung ihrer lokalen Kandidaten auf kleine Formate: 30.000 Euro, erklärt Andreas Blank von der Kreisgeschäftsstelle, standen für den Wahlkampf zur Verfügung. Die großformatige Werbung mit Protest-Parolen à la "Uns reicht's" sind Teil der Landeskampagne. Gefällt dieser Ton den eigenen Parteimitgliedern? "Ich verstehe, dass die CDU in NRW aus der Oppositionsrolle raus will und Druck machen möchte", sagt Brick, räumt aber ein, dass er Lösungsvorschläge auf den Plakaten vorgezogen hätte. Brick wird übrigens als einziger CDU-Kandidat noch einmal das Motiv wechseln, ein Sponsor macht's möglich. Das neue Foto zeigt ihn im Kapuzenpulli und dem Slogan "Querdenker".

Während die Union auf viele kleine Plakate setzt, haben die Sozialdemokraten ihren Kandidaten auch großformatige Platzierungen gegönnt. Ob an der Holsteiner Treppe oder in der Stadthalle — Dietmar Bell, Andreas Bialas und Josef Neumann zeigen sich gemeinsam auf den Plakaten am Puls der Stadt. 70.000 Euro, sagt Ruth Meiß als Geschäftsführerin der SPD-Geschäftsstelle, darf der Wahlkampf die SPD Wuppertal kosten. "Die Menschen sollen spüren, dass sich die Kandidaten tatsächlich vor Ort kümmern", sagt sie. In diesen Tagen werden die Motive noch einmal wechseln und ein neuer Schwerpunkt gezeigt. Gleich bleibe aber, dass die Wuppertaler SPD bei den Plakaten mehr auf Gesicht und Symbolik statt auf konkrete Inhalte setze. Meiß: "Unser Wahlprogramm auf den Plakaten zu zeigen, ist nicht möglich. Das bringen wir zusammengefasst auf Flyern unter die Leute."

Und dann gibt es da noch die Plakate, die mit jeder konventionellen Wahlkampf-Rhetorik brechen. Unternehmer Jörg Heynkes will zwar mit Unterstützung der Grünen, aber ohne Parteizugehörigkeit, nach Düsseldorf. Kleiner Heynkes, große Sprüche ("wenn was ist: bin nebenan"), kräftiges Blau. "Ziel war es, eine Kampagne zu entwickeln, die sich von denen der Parteien absolut abhebt", erklärt der Direktkandidat. Dass das unkonventionelle Layout nicht allen gefällt, sei ebenso gewollt. "Die Menschen diskutieren", sagt er. "Ich finde das genial". Übrigens zahlt der Unternehmer die rund 60.000 Euro für seine Kampagne aus eigener Tasche. Auch eine Rückerstattung, die die Parteien über die Wahlkampfprämie erhalten, steht für Heynkes nicht in Aussicht.

Sympathisanten können auf seiner Homepage den Spendenbutton klicken und bekommen dann, ganz unkonventionell wie der Kandidat selbst, auch etwas zurück. Eine Umarmung, einen Sonntagsspaziergang, Bio-Eier aus dem eigenen Stall oder eine Begegnung mit "Pepper", Heynkes' Roboter. Ob diese Strategie aufgeht? Auf einem seiner Plakate steht: "Was die Zukunft bringt, weiß keiner. Aber eine Ahnung ist hilfreich."

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