AZ-Prozess in Wuppertal Die Polizei durfte ins Gebäude

Wuppertal · Das Geschehen rund um den rechten Angriff auf das Autonome Zentrum (AZ) an der Gathe im April 2015 hat das Gericht in erster Instanz aufgeklärt. Folglich gab es nach dem rechten Angriff aufs AZ keine Attacke von Gästen gegen Sanitäter und Polizei.

 Demo im Februar 2016 gegen die Ermittlungsarbeit der Polizei.

Demo im Februar 2016 gegen die Ermittlungsarbeit der Polizei.

Foto: Dirk Lotze

Ein 29-jähriger Besucher aber soll wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte 2.700 Euro Geldstrafe zahlen.

Laut eigenen Angaben des nicht vorbestraften Mannes hatte er sich im Hauseingang Polizisten entgegengestellt und sich am Türrahmen festgehalten. Er sträubte sich später gegen seine Festnahme, landete dabei in Glasscherben.

Alle Zeugen bestätigten: Die Sanitäter konnten ungehindert ins Haus zu einem von den rechten Angreifern schwer verletzten AZ-Besucher (53), einem Gastwirt aus der Nordstadt. Die Polizei war regional massiv in Kritik geraten, weil sie knapp acht Stunden später öffentlich einen anderen, ungeheuerlichen Ablauf berichtet hatte: "Bei Eintreffen der Rettungskräfte wurden Polizeibeamte und Rettungswagenbesatzungen im Gebäude von mehreren Angehörigen der linken Szene angegriffen und der Zutritt verwehrt. Erst durch den Einsatz von Pfefferspray und mittels Schlagstock konnten die Einsatzkräfte den Verletzten zur weiteren ärztlichen Versorgung aus dem Gebäude retten."

Später gab es andere Versionen. Insgesamt 20 AZ-Besucher stellte die Polizei zunächst sogar unter Verdacht, sie hätten wissentlich das Leben des Verletzten riskiert.

Die Staatsanwaltschaft änderte den Vorwurf und ermittelte wegen Widerstands. Sie stellte 19 Verfahren ein und klagte nur den 29-Jährigen an. Laut Zeugen ist es richtig, dass Polizisten den verletzten 53-Jährigen aus dem Gebäude holten, nachdem zuvor die Sanitäter von ihm abgezogen worden waren. Von Gewalt mit Schlagstock und Pfefferspray berichtete niemand. Im Zeugenstand sagte der damalige Einsatzleiter, dass es auch einen "passiven Einsatz" des Schlagstocks gebe: Wenn man ihn halte, während man jemanden wegschiebe.

Zwei AZ-Besucher bestätigten dem Gericht, dass die Polizei aufgehalten wurde. Einer berichtete: "Mehrere haben sich in den Weg gestellt und gemauert. Ich fand das unmöglich." Der Zweite: "Ich war froh, dass Helfer da waren. Ich hatte Angst vor den rechten Angreifern, und dass es eskaliert." Laut einem Polizisten entschuldigte sich der Angeklagte schon beim Abtransport im Streifenwagen: Er habe es nicht persönlich gemeint. Es gebe eine Regel im AZ: "Keine Rechten, keine Polizei, keine harten Drogen." Und er habe sich immer wieder nach dem 53-Jährigen erkundigt — seinem Freund.

Der Richter verwies auf die psychische Ausnahmesituation — bei allen Beteiligten. Er verlas Notrufe aus der Tatnacht, die die Feuerwehr aufgezeichnet hatte: "Kommen Sie schnell!" "Hier stirbt einer!" "Der verblutet!" Die Antworten dazu: "Wir können nicht fliegen. Wir kommen ja. Drücken Sie etwas fest auf die Wunde."

Laut Gericht war der Polizeieinsatz berechtigt: Die Beamten durften ins AZ. Es handele sich um ein Haus in städtischem Besitz. Der Richter hielt zu dem 29-Jährigen: "Ihr Verhalten war mit der Grund, dass die Sanitäter aus dem Haus abgezogen wurden." Gegen das Urteil sind Rechtsmittel möglich. Die Strafe für den 29-Jährigen entspricht drei Monatseinkünften.

Die drei rechten AZ-Angreifer wurden ermittelt. Der Haupttäter muss wegen versuchten Totschlags und Körperverletzung an dem 53-jährigen Nordstadt-Wirt acht Jahre ins Gefängnis. Seine Komplizen sind zu Haft- und Bewährungsstrafen verurteilt. Der angegriffene Gastwirt überlebte schwer verletzt. Er wird auf Dauer an den Folgen der Attacke zu leiden haben.

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