Neue Beauftragte für Antidiskriminierung Arzu Çiçek: Gegen Mangel an Anerkennung und Teilhabe

Wuppertal · Arzu Çiçek ist die neue Beauftragte für Antidiskriminierung bei der Stadt. Sie ist in Wuppertal aufgewachsen, war wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Wuppertal und promovierte dort im Arbeitsbereich Geschlecht und Diversität.

 Von li: Roswitha Bocklage, Arzu Çiçek und OB Uwe Schneidewind.

Von li: Roswitha Bocklage, Arzu Çiçek und OB Uwe Schneidewind.

Foto: Stadt Wuppertal

Zuletzt war sie Vertretungsprofessorin im Arbeitsbereich „Migration und Bildung“ an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. In ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit hat sie zu migrationsgesellschaftlichen Themen geforscht und sich mit den Ursachen und Wirkungen von Rassismus sowie mit fachübergreifenden Perspektiven auf gesellschaftliche Ungleichheitsverhältnisse beschäftigt.

„Wuppertal lebt von seiner Vielfalt“, so Oberbürgermeister Uwe Schneidewind. „Um dieses Potenzial Wuppertals noch stärker zu fördern, haben wir die Antidiskriminierungsstelle in meinem Geschäftsbereich eingerichtet. Unser Ziel ist eine Stadt, in der jede und jeder einzelne mit all seinen Besonderheiten gewertschätzt und respektiert wird. Das habe ich mit dem Fokusprogramm deutlich gemacht.“ Die Einrichtung der Antidiskriminierungsstelle soll das vielfältige Engagement – von Verwaltung, Bildungseinrichtungen, Unternehmen, Religionsgemeinschaften, Organisationen – gegen Diskriminierung in der Stadt vernetzen, für die Menschen sichtbar und erlebbar machen.

Das neue Tätigkeitsfeld ist bei der Stabsstelle Gleichstellung und Antidiskriminierung angesiedelt, weil die Stabsstelle seit vielen Jahren bereits die Geschlechterperspektive und die Perspektive von LSBTIQ-Personen einnimmt und entsprechende Maßnahmen und Projekte initiiert und fördert, erklärt Leiterin Roswitha Bocklage. „Derzeit arbeiten viele Fachstellen und Akteurinnen und Akteuren dezentral an dieser Aufgabe. Diese Kräfte möchten wir mit der neuen Stelle bündeln, so dass sich alle noch besser absprechen und ihre Kompetenzen zusammenbringen können“, so Bocklage.

„Nach wie vor ist die Lebenssituation von Menschen mit Diskriminierungserfahrung durch einen Mangel an Anerkennung und Teilhabemöglichkeiten geprägt“, sagt die neue Stelleninhaberin Arzu Çiçek. Sie plant nach dem Kennenlernen der Akteurinnen und Akteuren den Aufbau einer Struktur für die Vernetzung der Fachstellen und gemeinsam die Entwicklung einer Antidiskriminierungsstrategie für die Stadt.

Antidiskriminierungsarbeit findet bereits vielfältig statt, zum Beispiel in Vereinen, Initiativen, Organisationen, in der Schule, am Arbeitsplatz, in den Quartieren und in Unternehmen. Ziel ist es, Menschen zu schützen und zu unterstützen, die aus Gründen der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, der sexuellen Orientierung, des Geschlechts, des Alters oder eines Handicaps diskriminiert werden.

Ein wichtiges Anliegen der neuen Fachstelle ist es, dass Menschen leichter Ansprechpersonen finden. Dazu ist bereits eine zentrale E-Mail-Adresse und Telefonnummer (0202 / 563-9154) eingerichtet, zurzeit wird auch an einer informativen Website gearbeitet. Durch die strategische Bündelung der Fachstellen soll erreicht werden, dass mehr Menschen aufmerksam werden. Die Antidiskriminierungsstelle ist als zusätzliches Dach und Motor für dieses wichtige Thema eingerichtet worden.

Obwohl in Wuppertal bereits einige erfolgreiche Projekte vorhanden sind, die sich für eine diskriminierungsfreie Stadt engagieren, zeigt sich, dass in einigen Bereichen der Stadt weiterhin einige gesellschaftliche Gruppen strukturell bessere Chancen zur Teilhabe haben als andere. Mit Blick auf die Stadtverwaltung wird sichtbar, dass die Vielfalt der Stadtgesellschaft hier nicht abgebildet wird. Das zeigt sich auch in anderen Bereichen der Stadt, so in Kindergärten, Schulen, im Gesundheitsbereich oder in der Entwicklung von Stadtteilen.

Hier soll es darum gehen, inwiefern die Beschäftigten die gesellschaftliche Vielfalt repräsentieren, ob die Zugänge und Teilhabemöglichkeiten für alle gleichermaßen offen stehen oder hier Barrieren vorhanden sind. „Diese Schieflage hat viel damit zu tun, dass wir noch nicht so lange öffentlich über Diskriminierung in seinen vielfältigen Facetten sprechen, dass die breite Vielfalt von Menschen in den Institutionen, Vereinen, Quartieren stets als Abweichung oder Herausforderung gesehen wurde. Verschiedenheit wurde lange Zeit als etwas Defizitäres gesehen. Von dieser Defizitperspektive müssen wir wegkommen, wenn wir uns modernisieren wollen“, erklärt Çiçek.

Zu den Aufgaben der neuen Fachstelle wird gehören, danach zu fragen, wie leicht oder wie schwer Zugänge zu relevanten Einrichtungen des sozialen Lebens gestaltet werden – von der Ausbildung bis hin zur Karrieremöglichkeit. Die derzeitige Situation ist auch in Wuppertal noch immer davon geprägt, dass gesellschaftliche Ressourcen ungleich verteilt werden, Zugänge erschwert, Anerkennungen ungleich verteilt sind. So soll ein Augenmerk darauf liegen, dass sich Angebote im Kultursektor an der vielfältigen Lebensrealität in der Stadt ausrichten, Anspracheformate diese Vielfalt berücksichtigen und zur Identifikation mit Wuppertal beitragen.

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