Ev. Kirchenkreis 50 Jahre Hilfe aus Wuppertal für Matagalpa

Wuppertal · Im Rahmen der weltweiten Ökumene unterhält der ev. Kirchenkreis Wuppertal eine Partnerschaft zu CEPAD in Nicaragua. 2022 hat die Hilfsorganisation ihr 50-jähriges Bestehen gefeiert. Ein Interview mit Pfarrer Jörg Wieder, der lange in Nicaragua gelebt hat.

Pfarrer Jörg Wieder.

Pfarrer Jörg Wieder.

Foto: H. Hülle

Herr Wieder, was ist ihr persönlicher Bezug zu Nicaragua?

Wieder: „Während meines Vikariats in Heckinghausen hatte ich den ersten Kontakt zu Nicaragua und zu CEPAD, das war unmittelbar nach Ende des Bürgerkriegs dort. Meine Frau und ich haben uns dann im Freundeskreis engagiert. Wir haben aus theologischen und entwicklungspolitischen Gründen mitgewirkt. Damals hatte CEPAD eine große Bedeutung in Nicaragua und Mittelamerika, hat den Friedensprozess stark vorangetrieben und war das größte Hilfswerk vor Ort. ir waren 1992 und 1993 erstmals im Rahmen meines Auslandsvikariats in Matagalpa.

In der Zeit ist ein Konzept für Fortbildungsangebote für Laienpastoren entstanden. Ab 1996 waren wir erneut in Nicaragua und haben bis 2002 die Projektidee umgesetzt und im Auftrag von CEPAD einen landesweiten pastoralen Fernstudiengang aufgebaut. Heute geht es CEPAD schwerpunktmäßig um die nachhaltige Entwicklungshilfe vor Ort und darum, die Gespräche zwischen den vielen evangelischen Kirchen vor Ort voranzutreiben.“

Wie kam es überhaupt zu der Partnerschaft und wie unterstützt der Kirchenkreis CEPAD?

Wieder: „Parallel zur Städtepartnerschaft von Wuppertal und Matagalpa entstand auch ein kirchliches Netzwerk der Partnerschaft. Wir sind mit CEPAD und den Pastoralkomitees in der Region Matagalpa in Kontakt. Der Evangelische Kirchenkreis Wuppertal unterstützt die Dorfentwicklung in der Umgebung rund um Matagalpa pro Jahr mit rund 20.000 Euro.“

Was passiert denn konkret vor Ort mit dem Geld?

Wieder: „Eine Dorfgemeinschaft besteht meist aus 100 bis 150 Leuten und jedes Dorf entscheidet für sich, was am meisten gebraucht wird. Ein Dorf wird in der Regel fünf Jahre lang und bis zur Gründung eines Entwicklungsvereins begleitet unterstützt. Dann steht es ein Stück weit auf eigenen Füßen, kann sich besser selbst organisieren und ist in der Lage, Förderanträge beim Staat und Hilfsorganisationen zu stellen.

In den fünf Jahren werden viele Projektimpulse gesetzt. Für rund 800 Euro kann man dort schon ein Haus mit Eigenleistung bauen. Und es werden Kleinunternehmen für Frauen angestoßen. 100 bis 200 Euro reichen für eine Anschubfinanzierung. Das reicht z.B. für die Grundausstattung einer kleinen Schneiderei mit Nähmaschine und Stoffen oder für einen Kunsthandwerksbetrieb, in dem Postkarten produziert werden. Manchmal werden auch Wasserquellen finanziert oder Straßen gebaut.“

Was ist das Besondere an CEPAD?

Wieder: „Trotz aller Veränderungen innerhalb der Hilfsorganisation ist der besondere Spirit von CEPAD geblieben und begeistert mich bis heute: Die Entwicklungsarbeit wird mit der tiefen Gläubigkeit der Menschen vor Ort verbunden. Dahinter steht der Gedanke: Gemeinsam können wir die Probleme angehen. Gott hat uns gerufen, die Welt zu verändern. CEPAD nutzt dabei die kirchlichen Kontakte, um die Dorfgemeinschaft zu fördern. Dabei richtet sich die Hilfe immer an alle.“

Ist die Hilfe in Nicaragua denn auch nach 50 Jahren noch notwendig und bewirkt sie nachhaltige Veränderungen?

Wieder: „Ich habe heute noch Kontakt zu den Dorfgemeinschaften, die ich oft besucht habe. Da sehe ich, dass die Strukturen noch bestehen und sich sogar weiterentwickelt haben. Nicaragua prosperiert zwar, ist aber weiterhin ein armes Land. Als wir dort gelebt haben, war die Hauptstadt Managua entwicklungstechnisch meilenweit entfernt von den anderen Hauptstädten Mittelamerikas. Das hat sich verändert.

Es ist viel Handel entstanden und mehr Struktur in vielen Dörfern. Auch hat sich die Sicherheitslage insgesamt sehr verbessert. Entsetzlich ist, die Familiendiktatur der Ortegas die demokratischen Strukturen massiv beschädigt. Das Land braucht weiterhin dringende Entwicklungshilfe: Im dörflichen Bereich zum Beispiel gibt es noch nicht überall Strom oder sauberes Wasser.“

Sind in der Entwicklungshilfe neue Themen dazugekommen?

Wieder: „Die grundsätzlichen Aufgaben bleiben. Die Dorfgemeinschaften brauchen Begleitung, Ausbildung und Ermutigung, damit sie sich auf neue Wege wagen können. Manchmal können da schon die einfachen Dinge helfen, wie zum Beispiel der Anbau eines Hausgartens, damit sich die Familien selbst versorgen können. Aber dafür braucht es passendes Saatgut und das Wissen, welche Pflanze auf welchem Boden wächst.

Bei unserer letzten interkontinentalen Online-Konferenz Anfang des Jahres ging es verstärkt auch um die Folgen des Klimawandels. Der Anbau und die Ernte sind schwieriger geworden. So müssen zum Beispiel Anbauflächen zunehmend terrassiert werden, damit sie vor Bodenerosionen geschützt werden, und es muss neue Techniken geben, um Wasser zu sammeln. Mancher Projektimpuls ist auch kurios: wie der Import und die Zucht bestimmter Regenwurmarten. Sie helfen bei der Kompostierung und der Verbesserung der Bodenqualität.“

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