Miteinander im Straßenverkehr Brüssel zum Vorbild nehmen!?

Betr.: Miteinander im Straßenverkehr

Fast alle Großstädte leiden heute unter dem drohenden Verkehrsinfarkt. Auch die neue Studie „Klimaneutralität in Wuppertal bis 2035" befasst sich damit. Verteilskämpfe um den Verkehrsraum sind gang und gäbe. Aber was heißt das hautnah? Mir fallen zwei Situationen immer wieder unangenehm auf.

Zum einen hat der Fahrradverkehr auf Fußgängerwegen seit beginn der Corona-Krise extrem zugenommen. Noch letzte Woche sah ich ein Fahrrad auf dem schmalen Fußgängerweg die Luisenstraße entlang fahren. Nach und nach wichen dafür drei Fußgänger auf die Straße aus. Währenddessen war kein einziges fahrendes Auto zu sehen.

Ich habe mir inzwischen angewöhnt, ab und zu, wenn ich Radfahrern auf Fußwegen ausweichen muss, höflich zu sagen: „Dies ist ein Fußgängerweg. Würden Sie bitte auf der Straße fahren?". Die Antworten liegen immer im Bereich zwischen Ignoranz und Gewaltbereitschaft.

Zum anderen sind viele Fußgängerwege mit Autos zugeparkt. Letztes Jahr sah ich einen etwa 70-jährigen Rollstuhlfahrer verzweifelt vor einem Pkw stehen, der komplett auf der vollen Breite des Gehweges im absoluten Halteverbot parkte. Letzte Woche sah ich, wie sich ein Fußgänger an einem Taxi vorbeidrängte, das den kompletten Fußgängerweg zuparkte. Dabei war ein leichtes Klappen des Seitenspiegels zu hören. Der Taxifahrer stieg aus, lief hinter dem Herrn her, spuckte ihm an den Hinterkopf, lief zurück und fuhr weg. Der Herr unterhielt sich kurz mit einem Paar, das den Vorfall ebenfalls beobachtete, zuckte dann mit den Schultern und ging weiter. Ich hörte die Frau sagen: „Und das während Corona!".

Wäre der Herr auf der Straße gelaufen, wäre das wohl nicht passiert.

Ist das wirklich notwendig? Können wir nicht rücksichtsvoll miteinander umgehen? Eigentlich gibt es doch für jeden verbindliche Regeln, die unsere friedliche Koexistenz gewährleisten sollen!?!

Vielleicht sollten wir uns ein Beispiel an Brüssel nehmen: Dort hatten Fußgänger in der Innenstadt ab dem 11. Mai 2020 für drei Monate absoluten Vorrang auf der Straße. Autos, Straßenbahnen und Busse durften dann höchstens 20 km/h fahren und mussten Fußgängern und Radfahrern Vorrang geben.

Burkhard Hornbruch

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