Opernhaus Thomas Braus turnt durch die innere Hölle

Wuppertal · Mit dem Choreographen und Regisseur Johann Kresnik und dem Schauspieler Thomas Braus haben sich zwei theaterbesessene Menschen gefunden, die in Dantes "Die Hölle/Inferno" zu kongenialen Partnern werden.

 In seinem aktuellen Soloabend „Die Hölle/Inferno“ nimmt Schauspieler Thomas Braus die Zuschauer mit bis unter die Kuppel des Opernhauses.

In seinem aktuellen Soloabend „Die Hölle/Inferno“ nimmt Schauspieler Thomas Braus die Zuschauer mit bis unter die Kuppel des Opernhauses.

Foto: Klaus Lefebvre

Ist es das Kronleuchterfoyer des Opernhauses oder doch eher der Aufenthaltsraum einer Nervenheilanstalt? Zu Schlagermusik schiebt ein Pfleger einen Patienten im Rollstuhl herein. Mit einem Aufschrei befreit sich dieser von seinen Klopapierbandagen, jagt wie gehetzt die Treppe hoch, turnt auf dem Geländer halsbrecherisch wieder nach unten. Es ist Dante, der von Vergil durch die Hölle begleitet wird, um so zu sich selbst zu finden.

Spektakulärer Auftakt des Soloabends mit dem Schauspieler Thomas Braus, der dabei nicht nur für die Darstellung verantwortlich ist, sondern auch die Bühnenfassung frei nach Dante Alighieri geschrieben hat.
Und ihm hat Intendantin Susanne Abbrederis den Tanz-Anarchisten Johann Kresnik an die Seite gestellt, der in den letzten Jahren mehr und mehr von der Choreographie zur Theaterregie gewechselt ist. Kresnik ist bekannt für seine drastische Darstellungsweise, Wahnsinn, Wut und Tod sind seine Themen, er überschreitet die Grenze zwischen Schauspiel und Tanz, schafft ein Körpertheater.

Mit Braus hat er dafür den passenden Mann gefunden. Der geht an seine körperlichen Grenzen, bespielt Räume unter der Kuppel der Oper, die man hier nie vermutet hätte. Hautnah ist er an seinem Publikum dran, robbt über den Boden und die Füße der Zuschauer, Theaterblut fließt, mal ist er der Verführer und Reiseleiter, der zum Trip durch die Hölle ohne Rücktrittsversicherung bittet, dann wieder der gehetzte Dante, der der Hölle entkommen will, vor den leidenden Seelen flieht, in denen er sich doch wieder erkennt. Dabei turnt er über Leitern und schmale Stiegen, schreit, brüllt seine Wut heraus, ist zynisch und doch in seiner Angst verletzbar. Und als ob das nicht schon genug wäre, schafft es Braus auch noch Dantes Text nuanciert und jedes Wort auslotend herüber zubringen.
Dazu baut Kresnik Bilder, betörend und verstörend zugleich, die sich ins Gedächtnis brennen. Am Ende sieht Dante den Sternenhimmel und gibt so ein Stück Hoffnung mit auf den Heimweg.

Ein atemberaubend schneller Theaterabend, der auch dem Publikums einiges abverlangt, das bei der Premiere mit Recht die beiden Protagonisten feierte. Zuletzt konnte Kresnik Freude und Rührung über den Erfolg seines Darstellers nicht mehr verbergen, schickte Braus immer wieder an die Rampe, während er selbst bescheiden im Hintergrund blieb.

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