Auf Frauen- und Großwildjagd

Wuppertal · Mit Alban Bergs "Lulu" gelingt Toshiyuki Kamioka ein musikalisch furioses Opernfinale, aber die Inszenierung verirrt sich im Dschungel.

 Was für ein Zirkus: Gleich wird Lulu (Martina Welschenbach) ihre Ehe mit Dr. Schön (Ralf Lukas) gewaltsam beenden...

Was für ein Zirkus: Gleich wird Lulu (Martina Welschenbach) ihre Ehe mit Dr. Schön (Ralf Lukas) gewaltsam beenden...

Foto: Uwe Stratmann

Ein letztes Mal zaubert Toshiyuki Kamioka im Orchestergraben der Oper. Wie delikat er mit dem (in den Streichern und Holzbläsern sehr guten, in den Blechbläsern nicht ganz so homogenen) Sinfonieorchester Alban Bergs Musik zu "Lulu" interpretiert, das verdient Respekt. Im Gestus durch und durch romantisch, klingt die Musik kammermusikalisch transparent.

Dazu hat er noch einmal, Ensemblekultur hin oder her, eine sehr gute Sängerriege verpflichtet: Da ist zu aller erst die attraktive und gertenschlanke Martina Welchenbach als auch stimmlich verführerisch schöne Lulu, die eine Spur von (Männer-)Leichen hinterlässt. Zum Beispiel den naiven Maler (mit allerdings sehr leichtem Tenor gesungen von Johannes Rau), den "Gewaltmenschen" Dr. Schön (dem Ralf Lukas eine fulminantem Baritonstimme gibt), dessen schwärmerischen Sohn Alwa (Arnold Bezuyen imponiert mit beweglichem und höhensicherem Charaktertenor), und schließlich auch die bis zur Selbstaufgabe in Lulu verliebte Gräfin Geschwitz (solide: Kathrin Göring).

Sperrig bleibt diese großartige und rätselhafte Oper trotzdem. Regisseurin Beate Baron möchte, so schreibt sie im Programmheft, mit einer "bildhaften Übertragung" zum Verständnis beitragen. Da hätte sie doch besser ganz einfach die Geschichte nacherzählen sollen. Wer die Oper nicht ziemlich gut kennt (und vieles, was nicht inszeniert ist, mitdenkt), wird die mal banalen, mal abwegigen, selten wirklich schlüssigen Bilder eher nicht enträtseln können.

Der zweite Akt, in dem diverse Personen der inzwischen mit Dr. Schön verheirateten Lulu nachstellen, lässt die Regie an eine Großwildjagd im Dschungel denken: Die Darsteller stapfen recht komisch mit Jagdflinten zwischen ausgestopften Leoparden herum.

Oft sieht es auf der Bühne leider so aus, als sei man mit den Proben nicht fertig geworden — oder wolle sich ganz allgemein über das Regietheater lustig machen: Das nicht ganz falsch gedachte Konzept geht nicht richtig auf, dafür aber ziemlich auf die Nerven.

Nach fast vier Stunden (zwei Pausen) gab es vom Premierenpublikum ein paar matte Buhs für die Regie und herzlichen Applaus für die Musik und den scheidenden Dirigenten.

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