Aus dem Tagebuch der Redaktion Deppenleerzeichen und Doppel-S

Liebes Tagebuch! Es stürzt ja so viel auf einen ein. Und dabei bin ich noch nicht mal bei Facebook! In der "ZEIT" zum Beispiel las ich vor ein paar Tagen einen Text mit der verlockenden Überschrift "Deppenleerzeichen".

 Rundschau-Redakteur Stefan Seitz.

Rundschau-Redakteur Stefan Seitz.

Foto: Bettina Osswald

An sowas bleib' ich automatisch hängen. Thema: Die Tatsache, dass immer öfter bei zusammengesetzten Wörtern die früher mal quasi gesetzlich vorgeschriebenen Bindestriche wegfallen.

Die so entstehenden Leerräume zwischen den einzelnen Wörtern nennt man augenzwinkernd (oder aber die Hände über dem Kopf zusammenschlagend) Deppenleerzeichen. Aufhänger in der "ZEIT" war das "Helmut Schmidt Haus", das man eigentlich "Helmut-Schmidt-Haus" schreiben müsste. Suchen Sie doch auch mal in Ihrem Umfeld nach Deppenleerzeichen: Man wird überschwemmt davon...

Da fällt mir ein, dass wir in der Redaktion kürzlich über eine Rubrik namens "Das kann doch nicht so schwierig sein!" nachgedacht haben: Angestoßen von Sport-Experte Trapp, der nicht begreift, warum niemand die Europapokal-Arithmetik im Fußball mit der Bewertung von Auswärts- und Heimtoren versteht, stürzte auf mich wieder die nicht auszurottende Doppel-S- und ß-Problematik ein. Bei einem Prozentsatz der Bevölkerung, der die Wählerzahlen der AfD deutlich übersteigt, herrscht die Meinung, es gäbe seit der Rechtschreibreform kein ß mehr. Die Folge: Tsunami-ähnliche Wellen von "Strasse" und "Grüsse". Beides falsch, außer man wäre in der Schweiz. Aber das nur am Rand...

Kurzregel: Langer Vokal = danach ß (Straße, Gruß, Fußball). Kurzer Vokal = danach Doppel-S (Kuss, Nuss). Wenn ein ei im Wort steht = danach ß (ich weiß, die Wand ist weiß). Das kann doch nicht so schwierig sein! Aber nicht aufregen! Zumal die Weiterentwicklung unserer Rubrik den Arbeitstitel "Das bringt mich noch ins Grab!" trug...

Man soll ja nichts übertreiben. Zum Beispiel wie die CDU in Schleswig-Holstein, die sich echauffiert, dass in öffentlichen Kantinen (angeblich aus religiösen Gründen) das Schweinefleisch vom Aussterben bedroht sei. Die Nord-CDU will das nicht hinnehmen. Deren Fraktions-Chef Daniel Günther wird so zitiert: "Wir setzen auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Dazu gehört in unserer Kultur auch der Verzehr von Schweinefleisch." Sagenhaft...

Jetzt aber Schluss (kurzer Vokal = Doppel-S). Zum Mittagessen gibt's gleich einen Sesam-Bagel — ohne Deppenleerzeichen, aber mit Parmaschinken vom Schwein. Ganz unpolitisch und nicht-religiös. Mir schmeckt das so.

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