Neue Betrugsmasche Polizei warnt: Täter nutzen Corona-Angst aus

Wuppertal · Das Kriminalkommissariat „Kriminalprävention / Opferschutz“ der Wuppertaler Polizei setzt sich dafür ein, Straftaten zu reduzieren. Trotz der Aufklärungsarbeit werden immer wieder vor allem ältere Menschen zu Opfern von Trickdiebinnen und -dieben.

 Kriminalhauptkommissar Michael Schroer ist im Bereich „Kriminalprävention / Opferschutz“ in der Direktion Kriminalität des Wuppertaler Polizeipräsidiums tätig.

Kriminalhauptkommissar Michael Schroer ist im Bereich „Kriminalprävention / Opferschutz“ in der Direktion Kriminalität des Wuppertaler Polizeipräsidiums tätig.

Foto: Polizei Wuppertal

Aktuell nutzen Kriminelle auch die Angst vor dem Corona-Virus aus, um Seniorinnen und Senioren zu betrügen und an deren Geld oder Wertsachen zu kommen. Rundschau-Redakteurin Milka Vidovic sprach mit Kriminalhauptkommissar Michael Schroer über die gängigsten Maschen.

Rundschau: Welche sind die neuen Corona-Maschen?

Schroers: „Bei einer Masche handelt es sich um den Schockanruf: Bei dieser Variante täuschen die Betrüger eine Notsituation in der Verwandtschaft vor. Sie geben sich als Ärzte eines Krankenhauses aus und geben an, dass sich ein Verwandter aufgrund einer COVID-19-Infektion in Behandlung befinden würde. Um die Versorgung und die Medikamente ihres Verwandten zu decken, müssen die Angerufenen einen hohen Geldbetrag bezahlen. Bei einer anderen Betrugsmethode geben sich die Betrüger als Ärztinnen oder Ärzte oder medizinisches Fachpersonal aus, die angeblich einen Corona-Virentest oder eine Schutzimpfung bei den Senioren zu Hause durchführen müssen. Das Ziel der Täter ist es dann, in die Wohnung zu gelangen, um Bargeld, Schmuck oder andere Wertsachen zu entwenden. Mit Ablenkungsmanövern gelingt es den Betrügern trotz der Anwesenheit der Geschädigten, die Wohnung zu durchsuchen.“

Rundschau: Im Grunde sind sich alle Maschen ähnlich und bekannt. Warum fallen immer noch so viele Menschen – vor allem Senioren – darauf rein?

Schroers: „Oftmals handelt es sich bei den Opfern um ältere Menschen, die zum einen alleine leben und deren nächste Verwandte weiter entfernt wohnen, sodass der unmittelbare Kontakt nicht immer gegeben ist. Die Geschädigte werden derart in ein Gespräch verwickelt, dass sie unbemerkt persönliche Informationen preisgeben, die die Betrüger so geschickt in ihre Gesprächsführung einbauen, dass die älteren Menschen nach wenigen Minuten von der Echtheit des Anrufers und dessen ,Notlage’ absolut überzeugt sind. Haben die Angerufenen erst einmal ,angebissen’, dauern diese Gespräche nicht selten über eine halbe Stunde. Häufig werden auch Anrufe in kurzen Abständen wiederholt und so die Geschädigten zusätzlich stark unter Druck gesetzt. In der derzeitigen Corona-Pandemie sind soziale Kontakte aller Bürger stark eingeschränkt. Für die jüngeren Altersklassen stehen in dieser Zeit vielleicht noch Social Media und das Internet zur Verfügung, um sich mitzuteilen oder sich auszutauschen. Dieses Medium wird durch ältere Menschen jedoch kaum genutzt. Daher sind diese Altersklassen mit ihrem eingeschränkten sozialen Umfeld zunehmend einsam und freuen sich über jedwede vermeintliche Zuwendung von außen, die sie aus ihrem Alltagstrott befreit. Sie bekommen das Gefühl, gebraucht zu werden. Diesen Umstand nutzen die Betrüger höchst geschickt und leider auch rhetorisch sehr professionell am Telefon aus.

Rundschau: Wie können sich ältere Leute schützen?

Schroers: „Ältere Menschen sollten misstrauisch sein, wenn sich Anrufer als Vertreter von Polizei, Krankenhaus, Staatsanwaltschaft oder anderen öffentlichen Stellen ausgeben und dramatische Notlagen schildern. Nach einem solchen Anruf sollte man sich selber die entsprechende Telefonnummer (Telefonbuch/ Auskunft) heraussuchen und erst dann unter dieser Nummer zurückrufen. Auch sollte man sich vergewissern, ob es sich bei einem Anrufer tatsächlich um einen Verwandten handelt. Sie sollten den Angehörigen unter der ihnen bekannten Telefonnummer zurückrufen und sich den Sachverhalt bestätigen lassen. Man sollte sich nie ausfragen lassen und auflegen, sobald der Anrufer Geld oder Wertsachen fordert. Niemals sollten Geld oder Wertsachen an unbekannte Personen übergeben werden. Falls weiterhin Bedenken bestehen sollten, kann auch die bekannte Notrufnummer der Polizei, die 110, angerufen werden.“

Rundschau: Können jüngere Angehörige helfen?

Schroers: „Jüngere Angehörige können eine große Hilfe für die Senioren sein. Man sollte den Kontakt, gerade zu Zeiten des Lockdowns, zumindest telefonisch intensivieren. Alleinstehende Senioren freuen sich über jeden Austausch, bei dem ihnen zugehört wird. So können sie auch von sich und ihrem Tag erzählen. Über regelmäßige Gespräche mit Angehörigen werden die Sensoren für mögliche Betrüger am Telefon geschärft und man fällt nicht so schnell auf die Maschen der Betrüger herein. Jüngere Angehörige sollten auch von sich aus auf das Thema Telefon-Betrüger eingehen und die Oma, den Opa, die Mutter oder den Vater für diese Masche sensibilisieren.“

Rundschau: Fallen eigentlich auch jüngere Menschen auf diese Betrugsmaschen rein?

Schroers: „Jüngere Menschen fallen dem Enkeltrick oder den so genannten Schock-Anrufen eher nicht zum Opfer, da sie auch in dieser Zeit noch gut sozial unter anderen über das Internet vernetzt sind. Dort wurden diese Betrügereien in letzter Zeit des Öfteren zum Thema gemacht. Letztlich ist auch bei jüngeren Altersgruppen nicht auszuschließen, dass sie dieser Betrugsart zum Opfer fallen, da die Anrufer sehr professionell in ihrer Gesprächsführung agieren.“

Rundschau: Aufklären über die Vorgehensweise von Kriminellen, um so Straftaten vorzubeugen – das ist das Ziel des Kriminalkommissariats „Kriminalprävention / Opferschutz“. Corona-bedingt können die Präventionsmaßnahmen derzeit nur erschwert durchgeführt werden. Wie gehen Sie aktuell vor?

Schroers: „Das Kriminalkommissariat führt aktuell eine Kampagne in den Impfzentren im bergischen Städtedreieck durch. Diese Kampagne zielt genau auf die Altersgruppe der über 70-jährigen Bürgerinnen und Bürger ab. In den Wartebereichen wurden großflächig Plakate mit Verhaltenshinweisen und Tipps angebracht. Außerdem wurden 100.000 Flyer entworfen und gedruckt. Diese werden an jede zu impfende Seniorin und jedem zu impfenden Senior über 70 Jahren als DIN-A5-Flyer ausgehändigt, auf dem nochmals kurz und prägnant die Verhaltenshinweise aufgezählt sind. Auf diesem Flyer befindet sich unter anderem auch die Nummer unseres Servicetelefons (0202 / 284-1888), das speziell für diese Kampagne eingerichtet wurde. Diese Nummer ist zu den Bürozeiten immer zu erreichen. Außerhalb der Sprechzeiten ist ein Anrufbeantworter eingerichtet. Diese Aktion wird von den Verantwortlichen der Impfzentren in Wuppertal, Remscheid und Solingen tatkräftig unterstützt. So wurde dafür gesorgt, dass die Flächen für die Plakate freigehalten wurden und teilweise wurden die Plakate eigenständig durch die Verantwortlichen angebracht. Weiterhin wird seitens der Verantwortlichen dafür Sorge getragen, dass die Flyer, soweit möglich, vom Personal der Impfzentren jeder Seniorin und jedem Senior persönlich ausgehändigt werden.“

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