Evangelische Kirche Ehemaliges KZ Kemna: „In der Pflicht etwas zu tun“

Wuppertal · Die Evangelische Kirche in Wuppertal ist nun Eigentümerin des Kemna-Geländes. Was hat sie mit dem ehemaligen KZ-Gebiet vor? Darüber sprachen Superintendentin Ilka Federschmidt und Michael Sengstmann (Vorsitzender des Gesamtverbandes der Gemeinden im Kirchenkreis Wuppertal) mit Antonia Dicken-Begrich (Mitglied der Kirchenkreis-Leitung).

 Das Gebäude des ehemaligen KZ Kemna (Archivbild).

Das Gebäude des ehemaligen KZ Kemna (Archivbild).

Foto: Frank Vincentz - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0

Wie kam es zu dem Kauf des Areals? Und wie soll das historische Grundstück an der Beyenburger Straße in Zukunft würdig gestaltet werden? „Der Kauf des Geländes war ursprünglich reiner Zufall“, berichtet Michael Sengstmann. „Wir waren auf der Suche nach einer Industrieanlage, weil unser Kirchenarchiv in Ronsdorf aus allen Nähten platzte“, so der Vorsitzende des Gesamtverbandes der Gemeinden. Als feststand, dass die Adresse der angebotenen Immobilie genau die Adresse war, auf der sich das ehemalige KZ befand, auf dem die Nationalsozialisten zwischen 1933 und 1934 ihre politischen Gegner gefoltert hatten, war die Entscheidung, dort einen Gedenkort zu errichten, schnell gefallen. „Wir haben das Gelände nicht trotz seiner Vergangenheit, sondern gerade wegen seiner Vergangenheit gekauft“, sagt Sengstmann als Eigentümer für den Gesamtverband der Gemeinden.

Für die Kirche sei das auch eine Chance, das Grundstück, das bisher durchgängig gewerblich genutzt worden sei, umzugestalten. Mit Blick auf das Versagen der Evangelischen Kirche von damals sieht sich die Evangelische Kirche in Wuppertal heute in der Pflicht, dort einen Erinnerungsort zu errichten. „Diese Schuld kann man konkret an den beiden KZ-Seelsorgern festmachen, die zu den Deutschen Christen gehörten und die für eine Gleichschaltung von Kirche und Staat waren. Sie haben die Situation der Gefangenen als Gelegenheit gesehen, die aus ihrer Sicht auf den falschen Weg gebrachten Sozialisten zu missionieren, statt ihnen gegen die Misshandlungen beizustehen“, so Superintendentin Ilka Federschmidt. „Darum sind wir in der Pflicht etwas zu tun.“ Das begrüßt auch Dr. David Mintert zum Ende seines digital aufgezeichneten Vortrages: „Es ist gut, dass sich die Kirche heute dieser Verantwortung stellt.“

Wie genau der Erinnerungsort aussehen soll, steht noch nicht fest. Derzeit führen Experten auf dem Gelände bauhistorische Untersuchungen durch, eine so genannte Machbarkeitsstudie, um authentische Anknüpfungspunkte zu dem KZ von damals zu finden. „Unserer Vorstellung nach soll auf dem Gelände auch ein Lernort entstehen, bei dem das Thema Demokratie heute vermittelt werden soll“, so Federschmidt. Das wichtige Mahnmal für das KZ auf der gegenüberliegenden Straßenseite soll bei allen Überlegungen einbezogen werden, so die grobe Planung. Dafür wird die Evangelische Kirche Kontakt zu den jeweiligen Partnern aufnehmen.

Da das Gelände groß genug ist, soll auch das Kirchen-Archiv dort angesiedelt werden. Einen konkreten Zeitplan für die Umgestaltung gibt es allerdings noch nicht. „Es ist noch viel zu tun. Die Machbarkeitsstudie ist wichtig und richtig. Das geht nicht innerhalb eines halben Jahres über die Bühne“, sagt Michael Sengstmann.

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