Heckinghausen Der „Jugendfreund“ Johannes Rau machte es möglich

Wuppertal · Vor 50 Jahren wurde Johannes Rau Wuppertaler Oberbürgermeister. Eine seiner ersten Amtshandlungen war die Eröffnung der Buslinie zur entlegenen Konradswüste. Dafür ist man dem späteren Bundespräsidenten bis heute dankbar.

 Zum 25. Jahrestag der Inbetriebnahme der Buslinie 638 kam 1994 NRW-Ministerpräsident Johannes Rau (Mitte) wieder auf die Konradswüste – eingerahmt von Heinz Jürgen Seute (links) und dem damaligen WSW-Chef Professor Hermann Zemlin (rechts).

Zum 25. Jahrestag der Inbetriebnahme der Buslinie 638 kam 1994 NRW-Ministerpräsident Johannes Rau (Mitte) wieder auf die Konradswüste – eingerahmt von Heinz Jürgen Seute (links) und dem damaligen WSW-Chef Professor Hermann Zemlin (rechts).

Foto: Klaus-Günther Conrads

Wie gut, dass es aufmerksame Rundschau-Leser gibt, die sich an Zeiten erinnern, als heutige Selbstverständlichkeiten noch ungewöhnlich waren. Iris Ulrich (82) blickt zurück: „Vor 50 Jahren, am 1. Dezember 1969, fuhr zum ersten Mal eine Buslinie von Heckinghausen hinauf zur Konradswüste. Vor 25 Jahren ist Johannes Rau zur Feier gekommen.“

Heckinghausen liegt auf einer Höhe von 167 Metern, die Konradshöhe rund 280 Meter über dem Meeresspiegel. Die Siedlung mit 45 Häusern ist in den Jahren 1937 bis 1939 am Rand des Truppenübungsplatzes Scharpenacken für kinderreiche Familien errichtet worden. Die selbstbewusste Siedlergemeinschaft (Karnevalsgesellschaft Wüstenjungs, Shanty Chor Blaue Jungs, dreimal Träger des „Goldenen Spatens“ für die schönste Wuppertaler Siedlung), deren Mitglieder selten ein eigenes Auto hatten, forderte eine Buslinie. Man wollte nicht akzeptieren, dass die jungen Mitglieder des Gemarker Singkreises den langen Weg durchs dunkle Murmelbachtal laufen mussten. Schon damals soll es Belästigungen durch „Sittenstrolche“ gegeben haben. Der Genuss von Kulturangeboten blieb ein Traum. Tagsüber wogen die Einkaufstaschen schwer.

Die Stadt lehnte ab – wegen der starken Steigung, die Busse (angeblich) nicht schafften. Seltsam, denn bis dahin hatte das Reiseunternehmen „Tuffi-Hagemann“ die private Linie 56 betrieben, die als unwirtschaftlich eingestellt musste. Um das kommunale Vorhaben auf den Weg zu bringen, wandte sich Iris Ulrich, geborene Langenkamp, damals Nachbarin auf Riescheid und später Betreiberin der Gaststätte „Haus Fernblick“, an ihren „Jugendfreund“ Johannes Rau, der als SPD-Fraktionsvorsitzender auf dem Weg zum Wuppertaler Oberbürgermeister war. In Personalunion auch WSW-Aufsichtsratsvorsitzender, nahm sich der spätere NRW-Ministerpräsident und Bundespräsident des Anliegens an. Am 1. Dezember 1969 weihte er in einer seiner ersten OB-Amtshandlungen, denn er wurde am 24. November 1969 gewählt, die neue Buslinie 638 ein – und kam 25 Jahre später erneut zum Jubiläum auf die Konradswüste, um eine Runde zu drehen.

Damals dankte Heinz Jürgen Seute als Vorsitzender des Siedlerbundes Johannes Rau, WSW, Stadt und Bezirksvertretung Heckinghausen für stetige Hilfsbereitschaft. Gerd Kohler überbrachte zum silbernen Jubiläum die Glückwünsche des Bezirksvereins Heckinghausen, in dem auch Aktive von der Konradswüste mitwirkten. Die damalige Bezirksvorsteherin Renate Warnecke vertrat ihre Schwester, Oberbürgermeisterin Ursula Kraus. Ihre Aufmunterung an die Mitbürger, sich in die Politik einzumischen und das Leben in der Stadt mitzugestalten, möchten Iris Ulrich und ihr Mann Karl-Heinz noch heute wörtlich nehmen: „Zwischen unserer Häuserreihe und auf dem unbefestigten Platz parken bereits um 6 Uhr morgens zahlreiche Hundebesitzer, lärmen und kümmern sich nicht um die Anleinpflicht. Ihr Ziel ist das Freizeit- und Naturschutzgebiet Scharpenacken. Eine große Belästigung.“

Heute fährt der Bus werktags am frühen Vormittag und nachmittags bis zum frühen Abend stündlich zwischen Friedrich-Tillmanns-Straße in Oberbarmen und der Konradswüste. Außerhalb dieser Zeiten gibt’s ein Anruf-Sammeltaxi.

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