Wuppertaler über Franz Beckenbauer „Faszinierendster Mensch, der mir je begegnet ist“

Wuppertal · Der Tod von Fußball-Ikone Franz Beckenbauer bewegt Menschen in ganz Deutschland. Auch in Wuppertal hat der „Kaiser“ bei einigen besondere Spuren hinterlassen. Ex-Nationalspieler Holger Fach und Hotelier Helmut Wilzbach gehören zu ihnen.

Die spätere Weltmeister-Mannschaft von 1990 mit Gastgeber Helmut Wilzbach (re.) und Teamchef Franz Beckenbauer (2.v.re.) in ihrem Stammquartier bei Spielen in Nordrhein-Westfalen, dem Wuppertaler Hotel Juliana auf Einern.

Die spätere Weltmeister-Mannschaft von 1990 mit Gastgeber Helmut Wilzbach (re.) und Teamchef Franz Beckenbauer (2.v.re.) in ihrem Stammquartier bei Spielen in Nordrhein-Westfalen, dem Wuppertaler Hotel Juliana auf Einern.

Foto: Archiv Wilzbach

Mit der Ära des Teamchefs Beckenbauer verbindet Holger Fach das einschneidendste Erlebnis seiner großen Karriere: „Im Trainingslager vor der WM 1990 in der Sportschule Malente habe ich mich verletzt. In der Krupp-Klinik in Essen wurde eine schwere Sehnenverletzung im Knie festgestellt. Es war mein Aus für die Weltmeisterschaft.“ Extrem bitter für Fach, denn: „Franz hat mir vor der Verletzung in Malente gesagt, dass er mich zur WM mitnehmen würde.“

Holger Fach schwärmt bis heute von Beckenbauer als Persönlichkeit: „Als Spieler habe ich zu ihm und zu Gerd Müller hochgeschaut. Pele war mir zu weit weg. Franz Beckenbauer war der faszinierendste Mensch, der mir jemals in meinem Leben begegnet ist.“ Auch zu den Vorwürfen gegen Beckenbauer rund um die Vergabe der Fußball-WM 2006 an Deutschland hat Fach eine klare Meinung: „Selbst wenn es so gewesen wäre, wie man vermutet, war es für unser Land ein unbezahlbarer Mehrwert.“

Der fünffache Nationalspieler hat im Trikot von Fortuna Düsseldorf sogar noch gegen Beckenbauer gespielt, als der nach dem Engagement bei Cosmos New York für den HSV kickte. Unvergessen ist für Fach auch ein Anruf des DFB-Teamchefs nach der WM 1990: „Er hat mir das Du angeboten ...“

Ähnlich bewegende Worte findet Helmut Wilzbach für Franz Beckenbauer. „Ich habe einen Gentleman und Freund verloren“, erinnert er sich an „Kaiser Franz“, den er Ende der 70er Jahre bei der Gala nach einem Spiel von Altstars gegen den WSV kennenlernte. Damals lud er ihn zu einer Übernachtung in sein Hotel Juliana ein – der Grundstein, aus dem eine jahrzehntelange persönliche Freundschaft erwuchs.

 Helmut Wilzbach (re.) mit TV-Experte Franz Beckenbauer (Mi.) und Marcel Reif auf der Tribüne.

Helmut Wilzbach (re.) mit TV-Experte Franz Beckenbauer (Mi.) und Marcel Reif auf der Tribüne.

Foto: Archiv Wilzbach

„Ich habe ihn oft am Tegernsee und in München getroffen. Ich war aber auch oft dabei, wenn er seinerzeit als TV-Experte für Premiere bei uns in der Nähe im Einsatz war“, erinnert sich Wilzbach, der dann neben dem „Kaiser“ und Reporter Marcel Reif saß. Auch als der WM-Titel 1990 nach dem Finale in Rom gefeiert wurde, war Wilzbach eingeladen.

„Privat war der Franz einfach ein großartiger Mensch“, findet Wilzbach, „und auch im Umgang mit den Spieler war er toll.“ Durch die vielen DFB-Aufenthalte im Juliana kann der Hotelier vergleichen: „Ich habe fast alle Bundestrainer erlebt, aber an den Franz kam keiner heran.“

Zuletzt gesehen haben sich die beiden vor sieben Jahren, ehe sich Beckenbauer im Zuge der Diskussionen um das „Sommermärchen“ zurückzog. Zu den Vorwürfen hat Wilzbach ähnlich wie Holger Fach eine klare Meinung: „Der Franz hatte es finanziell gar nicht nötig, sich Millionen einzustecken ...“

Zusammen Golf gespielt haben Beckenbauer und Wilzbach ebenfalls – und mehrere Charity-Turniere zu Gunsten der Beckenbauer-Stiftung gemeinsam auf die Beine gestellt. Eines davon ist auch dem Wuppertaler Sportjournalisten Klaus Göntzsche noch in besonderer Erinnerung, der damals als Moderator der Siegerehrung fungierte.

Franz Beckenbauer 1996 beim Charity-Golfturnier zu Gunsten seiner Stiftung im Felderbachtal mit Arnt Vesper und einem eher ungewöhnlichen Schläger ...

Franz Beckenbauer 1996 beim Charity-Golfturnier zu Gunsten seiner Stiftung im Felderbachtal mit Arnt Vesper und einem eher ungewöhnlichen Schläger ...

Foto: Archiv Heinz Eschmat

Sein Rückblick auf diesen Abend: „Die Stimmung war bestens. Auch der Kaiser war gut gelaunt. Am 15. und 16. September 1996 fand auf der Anlage des Golfclubs Felderbach ein Turnier mit zahlreichen Fußballprofis statt. Franz Beckenbauer war der Gastgeber, der Erlös für seine Stiftung vorgesehen. Beckenbauer kannte den reizvollen Platz an der Grenze Wuppertals zu Sprockhövel von einigen Besuchen und deshalb auch seine schwierigen Stellen.

Einer der Höhepunkte sollte die Siegerehrung in der Vesper-Scheune werden. Alles war hochkarätig eingedeckt. Neben den Teilnehmern – unter anderem der sehr angenehm auftretende Dieter Hoeneß – war auch Wuppertals damalige Oberbürgermeisterin Ursula Kraus erschienen. Dann geschah etwas absolut nicht Eingeplantes: Verschmitzt lächelnd und mit seinem unwiderstehlichen Charme erzählte Franz Beckenbauer von einem sehr wichtigen privaten Termin. Deshalb habe er eigentlich keine große Lust auf die Siegerehrungen und schon gar nicht auf Interviews. Es musste eine Lösung her. Wir einigten uns auf die Kurzversion eines Gesprächs: Bei der Moderation war der Kaiser nur für ein Wort zuständig – ,Sprockhövel’. Wir haben ihm erklärt, dass der Golfplatz schon zum Gebiet von Sprockhövel gehöre.

Das gefiel ihm gut und so ging es sofort los: ,Wir freuen uns, Sie hier in (Einsatz Beckenbauer) – ‚Sprockhövel’ – begrüßen zu können.‘ So ging das munter weiter und der immer besser gelaunte Gastgeber brachte es auf etwa zehn Sprockhövel-Einsätze. Mit dem Finale: ,Wir hoffen, es hat Ihnen in – ‚Sprockhövel’ – gut gefallen.‘ Die Folge: tosender Applaus für Franz Beckenbauer. Der rauschte euphorisiert von dannen, denn vor der Tür wartete schon der wichtige private Termin. Eine klassische Win-Win-and-Win-Situation. Was gab es Schöneres, als einen zufriedenen und glücklichen Kaiser ...“

Jochen Rausch und das Kaiser-Autogramm

Noch eine ganz andere, ganz besondere Beckenbauer-Erinnerung hat der Wuppertaler Autor Jochen Rausch parat. Er erzählt auf seinem Instagram-Account (@jochenrausch) vom Freundschaftsspiel der Bayern 1969 im Stadion am Zoo, bei dem es ihm als Kind gelang, sein Autogrammheft am umlagerten Bayern-Bus dem Kaiser durch eine Luftklappe am Fenster anzureichen. Beckenbauer signierte es lächelnd und reichte es zurück, aber, so Rausch, „ein Dürrer, zwei Köpfe größer als ich, war schneller, schnappte sich mein Heft und verschwand in der Dunkelheit.“ Trotz Suche per Zeitungsannonce kam es nie wieder zurück.

Die Dimension dieses Verlustes beschreibt Jochen Rausch so: „Was Schlimmeres hatte ich Leben noch nicht erlebt, höchstens die Beerdigung meiner Oma und als einer von meiner Schule einen Dartpfeil ins Auge bekam.“ Besser kann man die Bedeutung von Franz Beckenbauer doch eigentlich kaum in Worte fassen ...

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