Service: Stadtteile wollen mehr

Wuppertal · Am 20. Februar 2017 steht der Ratsbeschluss auf dem Programm: Die Verwaltung plant — mit Zustimmung von SPD und CDU — die Bürgerbüros in Vohwinkel, Cronenberg, Ronsdorf und Langerfeld (bis auf Beyenburg, wo die Außenstelle wegfällt) nicht zu schließen, sondern an einem Tag von 8 bis 16 Uhr zu öffnen.

 Volles Haus beim Bürgerbüro-Diskussionsabend unterm Dach der Freiwilligen Feuerwehr in Langerfeld. Mit dabei waren Bürgervereins- und Ratsmitglieder sowie Bezirksvertreter.

Volles Haus beim Bürgerbüro-Diskussionsabend unterm Dach der Freiwilligen Feuerwehr in Langerfeld. Mit dabei waren Bürgervereins- und Ratsmitglieder sowie Bezirksvertreter.

Foto: Conrads

Der Bürgerverein Langerfeld hatte jetzt zu einem Diskussionsabend eingeladen: Von Bürgervereinen und Bezirksvertretungen gibt es Gegenwind.

Ungewöhnlich dabei ist die Unterstützung durch nicht betroffene Stadtbezirke. Udo Diederichs aus Sonnborn: "Jetzt im Sinne einer bürgernahen Verwaltung und Zufriedenheit der Menschen zusammenhalten!" Das ist auch der Tenor bei den zehn Bezirksbürgermeistern, die von SPD und CDU gestellt werden. Eine solidarische Resolution schlägt Verwaltungsspitze und Parteiführungen entgegen. Hier wird sogar ein neues Bürgerbüro im Elberfelder Rathaus gefordert, wie der Langerfelder Bezirksbürgermeister Eberhard Hasenclever (SPD) unterstreicht.

Im Gespräch mit einigen Bürgervereinen hat Oberbürgermeister Andreas Mucke zwar bestätigt: "Ich bin voll auf Ihrer Seite", meint aber den Bestand der Bürgerbüros mit eintägiger Öffnungszeit für Ausweis-, Pass-, Standesamts- und andere Angelegenheiten. Doch Margret Hahn, Vorsitzende des Bürgervereins Langerfeld, forderte vor rund 40 Gästen, den Service zu erweitern: "Mehr Bürgernähe vor Ort ist das Zeichen der Zeit!" Ronsdorfer fahren ungern zum Einwohnermeldeamt nach Barmen, Vohwinkeler ebenso wenig — wenn es sich vermeiden lässt.

Zur Lebendigkeit der Diskussion trug Villa-Media-Unternehmer Jörg Heynckes bei, der als unabhängiger Landtagskandidat auf dem Ticket der Grünen ins NRW-Parlament will. Eine Kostprobe gab er in Langerfeld, als er sich vorn im Raum platzierte und früh das forsche Wort ergriff: "Die Situation ist desaströs, die Debatte zu kurz. Die Leute haben die Schnauze voll, weil sich die Politik, die neu gedacht werden muss, von den Menschen entfernt hat. Unsere Parteiendemokratie fährt vor die Wand, unsere Demokratie, die wir nicht verlieren dürfen, ist in Gefahr. Eine Rentnerin war vom Eckbusch zum Einwohnermeldeamt und zurück fünfeinhalb Stunden unterwegs."

Heynckes appellierte in Trump-Manier: "Wir brauchen den Kampf um ein Konzept. Kämpfen Sie gemeinsam!"

Von dieser Steilvorlage fühlten sich Bürgervereine und Stadtteilpolitiker zum Widerspruch gegen die Führungskräfte im Rathaus und die "intransparente" Ratsvorlage für den 20. Februar 2017 aufgemuntert. Verständnislos reagierten alle Zuhörer darüber, dass Fallzahlen aus den Jahren 2009 und 2010 eine Entscheidungsbasis sein sollen und dass die Verwaltung im Computerzeitalter, in dem alles nachweisbar ist, nicht bereit ist, Zahlen offen auf den Tisch zu legen. Eberhard Hasenclever: "Die vorgelegten Zahlen sind sogar unvollständig, weil mindestens 25 Aufgaben, die bis 2011 in Bürgerbüros geleistet wurden, nicht berücksichtigt sind." Das Aufgabenspektrum der Bürgerbüros kann der Oberbürgermeister bestimmen.

Fassungslos kritisiert Hasenclever das Verwaltungsargument, "dass die Menschen nur alle zehn Jahre zur Passverlängerung zum Steinweg fahren müssen". Er sieht das Ganze als "Massengeschäft". Zweieinhalb Tage in Langerfeld und Erhalt des Standortes Beyenburg ("Jede Stunde zählt") sind seine Verhandlungsbasis, die offensichtlich von den Teilnehmern mitgetragen wird.

Da in Zukunft das Einwohnermeldeamt am Steinweg und die Bürgerbüros nur nach Voranmeldungen aktiv werden, zeigen sich Akteure kreativ: "Wenn Barmen ausgebucht ist, können den Bürgern freie Termine in den Bürgerbüros angeboten werden. Das trägt zur gleichmäßigen Auslastung bei und reduziert Wartezeiten am Steinweg. Es ist egal, wo der Personalaufwand entsteht." Margret Hahn unter Beifall: "Wir brauchen mehr denn je Bürgernähe und fordern von den Akteuren im Rathaus, in unserem Namen zu handeln!"

Eventuell drohen Stadtspitze und den Kooperationsparteien bei diesem emotionalen Thema eine Nagelprobe: Beim Abend in Langerfeld gab es offene Zustimmung für Jörg Heynckes sowie die Versprechen einiger Bezirksvertreter und des CDU-Fraktionsstellvertreters Michael Wessel, am 20. Februar 2017 im Rat gegen die Drucksache zu stimmen. Und CDU-Stadtrat Thomas Hahnel-Müller forderte "entscheidungsfähige Zahlen" plus ein Überdenken.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort