Prozess in Wuppertal Einblicke in seelische Abgründe

Wuppertal · Sichtlich nervös blättert sich der Angeklagte auf dem Papier durch das, was ihm von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen wird. Über Jahre hinweg soll er zwei Pflegetöchter sexuell missbraucht haben.

 Das Wuppertaler Landgericht.

Das Wuppertaler Landgericht.

Foto: Achim Otto

Beide Kinder sollen bei den ersten Übergriffen drei und vier Jahre alt gewesen sein. Eines der Opfer ist mittlerweile 22 Jahre alt, der Missbrauch soll sich bis zum 15. Lebensjahr des Mädchens hingezogen haben. Der Angeklagte habe die Übergriffe dazu noch gefilmt und fotografiert. Beide Kinder sollen durch Vermittlung des Jugendamtes in die Familie gekommen sein. Der 50-Jährige hat den überwiegenden Teil der ihm vorgeworfenen Taten gestanden.

Als es um die Anklagevorwürfe ging, wurde der Wuppertaler nahezu dienstlich. Die Sachlichkeit, mittels derer er sich zu den Taten äußerte, wirkte befremdlich. Dass die Kinder sich gesträubt haben sollen? Ja, das könne schon sein. Dass die zur Tatzeit 13-Jährige geweint und darum gebettelt haben soll, dass er aufhören möge mit den sexuellen Übergriffen? Auch das sei möglich. Ob Aufhören für ihn denn keine Option gewesen sei? Das wollte die Vorsitzende Richterin vom Angeklagten wissen, der daraufhin sagte: „Wir haben zwischendurch mal eine Pause gemacht.“

Derweilen reiht sich eine Tat an die andere, insgesamt 21 Mal soll der Mann gegenüber seinen beiden Pflegetöchtern zudringlich geworden sein – bis hin zum vollzogenen Geschlechtsverkehr. Da der Angeklagte die Taten dazu auch noch gefilmt hatte, gibt es offenbar genug Beweismaterial. Noch vor der Anklageverlesung hatte ihn die Vorsitzende Richterin darauf hingewiesen, dass man im Falle eines ausbleibenden Geständnisses gewillt sei, sich die Video- und Bilddateien anzuschauen. Das ist nach dem Geständnis des Angeklagten nun wohl nicht mehr nötig.

Auch wenn die Details des Missbrauchs notgedrungen in aller Ausführlichkeit abgehandelt wurden, so sind sie dennoch nichts, was in der Öffentlichkeit ausgebreitet werden sollte. Vor allem auch zum Schutz der Opfer, die mit diesem seelischen Trauma nun weiterleben müssen.

Vor sich selbst scheint der Angeklagte im Übrigen eine Erklärung für den Missbrauch der damals 13-Jährigen gefunden zu haben: Er habe sich in den Gedanken verrannt, mit dem Mädchen ein Verhältnis zu haben. Offenbar hinter dem Rücken seiner Frau, mit der er noch immer verheiratet ist.

Was bislang über die Taten bekannt wurde, gibt Einblicke in die seelischen Abgründe eines Sexualstraftäters. Dass er das ältere der Mädchen mit Kabelbindern gefesselt und dazu genötigt hat, seine besonderen Vorlieben zu befriedigen? Der Angeklagte dazu: „Sie hat mir immer gesagt, was sie lieber machen möchte.“

Das Gericht hat noch weitere vier Verhandlungstage festgesetzt. Am 1. Juli soll das Urteil verkündet werden.

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